Bei den unabhängigen Vermögensverwaltern der Schweiz reden die Kunden häufig mit. Dies spiegelt sich auch in einem zum zweiten Mal erstellten Anlagebarometer.
Um anderen Akteuren am Schweizer Finanzplatz Marktanteile abzujagen, müssen unabhängige Vermögensverwalter (UVV) den entscheidenden, schon aus ihrer Bezeichnung abgeleiteten Vorteil ausspielen: die Unabhängigkeit.
Gegenüber einer Bank kann ein UVV etwa ohne den Einsatz von kostspieligem Eigenkapital, weniger standardisiert und mit tieferen rechtlichen Anforderungen beraten. Damit können die Kunden eines UVV ihr Geld an sich recht flexibel nach ihren Vorstellungen anlegen.
Ein heimlicher Riese
Wie sich das in den Anlagestrategien niederschlägt, hat eine Studie der Hochschule Luzern (HSLU) zum zweiten Mal unter die Lupe genommen, die vom Verband Schweizerischer Vermögensverwalter (VSV) mit ihren rund 780 Mitgliedern und dem amerikanischen Fondsriesen Vanguard unterstützt wurde.
Ein Einblick in das Anlageverhalten der UVV ist alleine schon deshalb interessant, weil die Branche, die zwar vor allem aus Kleinstbetrieben mit weniger als zehn Mitarbeitenden besteht, insgesamt mit rund 500 Milliarden Franken an Kundengeldern mehr auf die Waage bringt als etwa die Zürcher Kantonalbank oder die Privatbank Julius Bär.
Kunden mit mehr Einfluss
Gemessen an den Ergebnissen der rund hundert teilnehmenden UVV zeigt der am Mittwoch publizierte «VSV Investment Pulse» bei der Vermögensallokation für 2023 im Schnitt keine spektakulären Ausreisser.
Allerdings ist davon auszugehen, dass die Kunden gerade bei den UVV oft ihre eigenen Anlageideen einbringen, weshalb häufig von den Grundstrategien der UVV abgewichen wird.
Schweizer Aktien bleiben beliebt
Interessant ist, dass die UVV Schweizer Aktien weiterhin übergewichten, wogegen Aktien vor allem in den USA, aber auch in allen anderen Regionen zurückgestuft wurden.
Etwas an Beliebtheit gewonnen, aber nach wie vor unterbelichtet bleiben die UVV im 2023 auch bei den Obligationen, wobei vor allem das Segment der Unternehmensanleihen deutlich gefragter ist.
Bei der Produktwahl tendieren die UVV dazu, direkt in Aktien und Obligationenmärkte zu investieren, die näher in der Heimatregion liegen. Demgegenüber werden besonders bei Investitionen in Schwellenländer oder im asiatisch-pazifischen Raum Fonds oder Exchange Traded Funds (ETF) bevorzugt, wie aus der Studie weiter hervorgeht.
Nachhaltige Anlagen polarisieren
Beim nachhaltigen Anlegen sind die UVV ziemlich gespalten. Während ein Viertel der Befragten Kriterien aus den Bereichen Umwelt (Environmental), Soziales (Social) und verantwortungsvolle Unternehmensführung (Governance) einbeziehen, verweigern sich ein Drittel den ESG-Kriterien gänzlich.
Die ESG-Verweigerer begründen ihr Abseitsstehen vor allem mit mangelnden EGS-Standards und Daten sowie mit einem ungenügenden Risiko-Rendite-Profil der ESG-Anlagen.
Wahrnehmung ist auch Realität
Gemäss verschiedenen Meta-Studien rentieren die ESG-Fonds unter dem Strich indessen etwa gleich gut wie traditionelle Fonds, betonte Studienautor Manfred Stüttgen von der HLSU an der Präsentation der Ergebnisse vor den Medien. Bei den Diversifizierungseigenschaften sei es jedoch etwas komplizierter.
Wissenschaftlich nicht wirklich begründen lässt sich gemäss Stüttgen das Abseitsstehen mit höheren ESG-Gebühren, einem limitierten Produktangebot oder mangelnder interner Expertise. Diese Kritik sei vor allem in den Köpfen der ESG-Kritiker verhaftet.