Am Dienstag legt die UBS ihre Quartalszahlen vor. Dann wird sich zeigen, inwieweit CEO Sergio Ermotti schon in der Lage ist, Red und Antwort zur Übernahme der Credit Suisse zu stehen. finews.ch hat die wichtigsten sechs Fragen zusammengefasst.
Die Quartalszahlen der Credit Suisse (CS) haben am Montag eindrücklich vor Augen geführt, wie tief die Krise der Grossbank Mitte März war. Und: der Abfluss der Kundengelder hatte sich weiter fortgesetzt.
Für die UBS spielt damit der Faktor Zeit eine entscheidende Rolle: Je schneller die Käuferin die Zügel übernimmt und klar kommuniziert, wie der neue Kurs aussieht, desto eher dürften die Kunden bereit sein, bei der CS zu bleiben. Nach Ansicht von finews.ch sind dabei mindestens sechs Fragen wesentlich:
1. Wie sieht die neue Gruppenstruktur aus?
Bevor überhaupt mit dem Zusammenschluss begonnen werden kann, gilt es diese grundsätzliche Frage zu klären. Denn von ihr hängt so manches ab – nicht zuletzt, wie und wo welche Mitarbeitende im Übernahmeprojekt UBS/CS künftige eingesetzt werden.
Dass die beiden Banken doch recht unterschiedliche organisiert waren, macht die Antwort für die Käuferin UBS nicht einfacher: Neben den von der Bankenregulierung vorgesehenen Ländergesellschaften ist die UBS nach Sparten organisiert. Dies, während sich die CS Ende 2021 einer komplizierten Matrix-Organisation von Sparten und Regionen unterworfen hat. Was davon überleben wird, muss sich weisen.
2. Wie tickt die Uhr der Übernahme?
Vielerorts war bereits die Rede, dass die Erstquartalszahlen der CS die letzte Bilanz als eigenständiges Unternehmen gewesen sein könnte. Das könnte sich als verfrüht herausstellen. Denn bisher ist noch völlig unklar, wann die offizielle Übernahme stattfinden soll.
Als eines der ersten Länder hatten die USA der Übernahmen grünes Licht gegeben. Hier darf die UBS die CS-Töchter übernehmen, muss jedoch einen Umsetzungsplan vorlegen, welchen die Käuferin in regelmässigen Abständen zu aktualisierern hat. Dabei wurden auch strenge Regeln, etwa mit Blick auf die Liquidität, verfügt.
3. Wie stark wird der Wettbewerb verletzt?
Doch die regulatorischen Hürden sind noch nicht alle überwunden. Durch die Anwendung des Notrechts musste hierzulande die Wettbewerbskommission (Weko) zwar die Entscheidungsbefugnis an die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) abtreten. Der erwartete Weko-Bericht zur Wettbewerbslage dürfte aber interessanten Lesestoff bieten.
Beobachter sehen etwa im Privatkunden-, Hypothekar- oder Firmenkundengeschäft durchaus die Gefahr einer marktbeherrschenden Stellung der neuen Mega-Bank. Das könnte für einige Bereiche landesweit gelten, für andere regional. Auch die Stellung im Geschäft mit grossen internationalen Schweizer Konzernen dürfte die Stellung durch andere Banken kaum angreifbar sein. Inwiefern die «vorsorgliche» Finma-Bewilligung noch um Auflagen ergänzt werden könnte, ist ebenfalls offen.
4. Wer sitzt künftig an Sergio Ermottis Seite?
Beobachter gehen davon aus, dass die UBS bezüglich der neuen Führung der kombinierten Bank noch im ersten Semester Klarheit schafft. Früher wäre besser: Die Unsicherheit über das neue Machtgefüge droht nicht nur bei der CS den Betrieb zu lähmen. Dies umso mehr, als die bei Zusammenschlüssen in der Regel ein Drittel des Kaders der Zielgesellschaft übernommen wird. UBS-Chef Sergio Ermotti hat bereits klar gemacht, dass er CS- wie UBS-Mitarbeitenden die gleichen Chancen auf einen Job bieten will. Doch im Top-Management der beiden Banken haben hierzu nicht alle Akteure gleich gute Karten.
5. Wo sind die Synergien zu finden?
Bei der Ankündigung der Übernahme war in Schätzungen einmal die Rede von einem Synergiepotenzial von jährlich rund 8 Milliarden Dollar ab 2027. Das ist jedoch eine Zahl, die angesichts der noch offenen Neuordnung auf sehr wackligen Beinen stehen dürfte.
Die Frage lautet, in welchen Bereichen diese Kostenvorteile gehoben werden. Dabei dürfte sicherlich ein Teil auf die Schrumpfung des Investmentbanking entfallen. Aber auch im Backoffice und vor allem bei den IT-Systemen dürfte die Suche nach Redundanzen und überzähligen Kapazitäten schnell losgehen.
6. Wie viele Jobs stehen auf der Kippe?
Damit stellt sich auch die Frage, wie viele Mitarbeitende UBS/CS nach Abschluss der Integration noch zählt. Während für einige ein Stellenabbau bei der CS um rund 30 Prozent bereits einer Schreckensvision gleichkommt, halten andere eine Reduktion um einen deutlich höheren Prozentsatz für möglich.
Dabei wird eine grosse Rolle spielen, welche Pläne die UBS mit der Marke CS in der Schweiz verfolgen wird, und wie zum Beispiel auch das sich gegenseitig stark überlappende Filialnetz neu geordnet wird.
CEO Ermotti hatte sich bereits an die CS-Mitarbeitenden gewandt und prophezeit, dass es zu «Veränderungen und schwierigen Entscheidungen» kommen werde. Dabei betonte er, dass alle Mitarbeiter – sowohl bei der CS als auch bei der UBS – fair behandelt werden sollen.