Die Garantien für die UBS bei der Übernahme der Credit Suisse gehen weiter, als es anfänglich den Anschein machte. Das geht aus einer Investorenpräsentation hervor, welche die Grossbank am Sonntag spätabends noch abgehalten hat.
«Das ist ein Tag, von dem wir uns erhofft haben, dass er nie stattfinden würde»: Das sagte UBS-Präsident Colm Kelleher am vergangenen Sonntag um 22 Uhr in einem Call mit Analysten und Investoren. Zuvor hatte er noch an einer Medienkonferenz zur Übernahme der Konkurrentin Credit Suisse (CS) in Bern teilgenommen. Der Inhalt der spätabendlichen Präsentation liegt finews.ch vor.
«Wir haben diese Fusion nicht gesucht»
Hatte Kelleher vor dem Berner Publikum die positiven Aspekte der Transaktion für seine Bank hervorgehoben, bewertet er die Ursprünge der Fusion gegenüber den Finanzprofis deutlich kritischer. «Wir sind von Regulatoren weltweit zu diesem Deal gedrängt worden», erklärte der Wallstreet-Veteran. «Wir haben diese Fusion nicht gesucht.»
Im Investoren-Call, bei dem CEO Ralph Hamers und die Finanzchefin Sarah Youngwood dem UBS-Präsidenten sekundierten, wurden dann auch erstmals die negativen Auswirkungen für die UBS besprochen. So hat die Grossbank beschlossen, die Rückkäufe von eigenen Aktien zeitweilig zu pausieren. An der Politik steigender Bardividenden will die UBS allerdings festhalten; die für 2022 vorgeschlagene Dividende soll somit wie vorgesehen ausgeschüttet werden.
6 Milliarden Dollar beim Personal einsparen
CEO Hamers verwies weiter daraufhin, dass die Übernahme der CS zu erhöhten Kosten für seine Bank führe und die Eigenkapital-Rendite deshalb kurz- bis mittelfristig unter Druck geraten werde. Bis ins Jahr 2027 erwartet die UBS dann einen steigende Gewinn pro Aktie sowie Kosteneinsparungen aus Synergien von über 8 Milliarden Dollar pro Jahr. 6 Milliarden sollen dabei auf Einsparungen beim Personal entfallen, 2 Milliarden Dollar bei der IT.
Klar positiv wertete der UBS-Chef die Skaleneffekte, die im Kerngeschäft mit der Vermögensverwaltung im Private Banking und dem Asset Management zu erwarten seien. Die UBS rechnet mit zusätzlicher «asset gathering power» auf ihrer Investmentplattform und will das Wachstum in den USA und Asien wie geplant forcieren. Insbesondere die Kundschaft der CS in Asien, Lateinamerika und Nahost gilt als komplementär zu jener der UBS.
Dominierende Kraft bei Hypotheken und Spargeldern
Mit 3,4 Billionen Dollar an investierten Vermögen werde die kombinierte globale Vermögensverwaltung zur Nummer zwei der Branche werden, das UBS Asset Management mit 1,5 Billionen Dollar zum drittgrössten europäischen Fondsanbieter, so Hamers weiter.
Im Schweizer Heimmarkt wiederum wird die kombinierte Grossbank nach den Plänen des UBS-Management mit Ausleihungen von 307 Milliarden Franken und Einlagen von 333 Milliarden Franken das Retailbanking mit Abstand dominieren.
Das kombinierte Investmentbanking soll dagegen im Zaum gehalten werden und von Anfang an nicht mehr als 25 Prozent der risikogewichteten Aktiven in der UBS-Bilanz ausmachen. Um dies sicherzustellen, plant die UBS gemäss Hamers, den CS-Handel in einer vom Kerngeschäft separaten Einheit zu überführen und herunterzufahren.
Vor Abwärtsrisiken geschützt
Hamers wie Kelleher betonten, dass sie alles tun werden, um die Interessen der UBS-Aktionäre zu schützen und für Stabilität zu sorgen. Die Transaktion biete überzeugende strategische Chancen sowie attraktive finanzielle Bedingungen. Natürlich: es bestünden auch Abwärtsrisiken. Aber die seien durch Absicherungen gut geschützt.
In der Tat. Wie dem Investoren-Call und der gestrigen Pressemitteilung der UBS zu entnehmen ist, gehen diese Garantien gar über die vom Eidgenössischen Finanzdepartement EFD zuerst genannten Eckwerte hinaus.
So hielt das EDF am Sonntag fest: «Um die Übernahme der CS durch die UBS zu ermöglichen, übernimmt der Bund auf einem klar abgrenzenten Teil des Portfolios eine Verlustgarantie von maximal 9 Milliarden Franken. Dies, falls es auf diesem Portfolio tatsächlich zu Verlusten kommen sollte. In diesem Fall würde die UBS die ersten 5 Milliarden Franken übernehmen, der Bund die nächsten 9 Milliarden Franken. Weitergehende Verluste werde wiederum die UBS übernehmen, so das Finanzministerium.
Verlustpolster von 25 Milliarden Franken
Gegenüber den Investoren erklärte Hamers hingegen, die Absicherung gegen Verluste würden nach den 9 Milliarden Franken des Bunden 50:50 zwischen Staat und UBS geteilt – also nicht allein von der Grossbank übernommen.
Die UBS rechnet bei der Fusion mit einer «downside protection» von gegen 25 Milliarden Franken. Diese setzt sich zusammen aus der Garantie von 9 Milliarden Franken des Bundes, sowie 15,8 Milliarden Franken aus den Pflichtwandelanleihen (AT1) der CS, welche die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) am Sonntag ausgelöst hat. Hinzu kommen laut UBS-Pressemitteiliung eine 50-prozentige Absicherung gegen Verlustrisiken mit der CS-Handelssparte, welche die Grossbank abwickeln will. Demnach steht es tatsächlich 50:50 zwischen Absicherung und direktem Risiko für die UBS.
Geteilte Lasten jenseits der 14 Milliarden-Franken-Grenze
Wie es beim EFD auf Anfrage heisst, sei die Rechnung nicht ganz präzise. Der Bund habe mit der UBS vereinbart, allfällige weitere Verluste, aber auch allfällige Gewinne, via Profit-Loss-Share-Agreement zu prüfen, falls die aufgelaufenen Verluste 14 Milliarden Franken übersteigen. «Das heisst aber nicht, dass sich der Bund unbegrenzt verpflichtet hat», so das EFD. Der Bund habe einen Verpflichtungskredit von 9 Milliarden Franken beantragt und erhalten. Mehr dürfe er Stand heute an Verpflichtungen nicht eingehen.
Für die UBS-Aktionäre lässt dies die Megafusion, für die sie zeitweilig auf Kapitalverdichtung und Eigenkapitalrendite verzichten müssen, etwas weniger bedrohlich scheinen. Beim Bund, der unbedingt eine Staatsrettung der CS vermeiden wollte, führen die weitreichenden Garantien wohl zu zusätzlichem Erklärungsbedarf.