Nur weil jemand einen russischen Pass besitze, bedeute dies nicht, dass man ihn zwangsläufig diskriminieren müsse, sagt ein ranghoher Private Banker.
Mit der Verhängung der Sanktionen gegen russische Kundinnen und Kunden ist es für Privatbanken sehr schwierig geworden, die Spreu vom Weizen zu trennen. Tatsächlich bedeutet denn auch die Umsetzung der Sanktionsbestimmungen einen enormen Compliance-Aufwand, wie zahlreiche Finanzinstitute beklagen.
Mit der Problematik ist auch die Genfer Privatbank Lombard Odier konfrontiert, wie Stephen Kamp in einem Interview mit der spanischen Tageszeitung «El País» einräumt. Er ist seit mehr als drei Jahren Region Head Southern Europe and Latin America. Im Gespräch sagt er: «Das sind Leute, die wir nicht diskriminieren werden, nur weil sie einen russischen Pass haben.» Er betont aber auch, dass der Anteil an russischen Kundinnen und Kunden im gesamten Portfolio (Assets under Management, AuM) von insgesamt 310 Milliarden Franken «gering» sei.
Hohes Reputationsrisiko
Als grosses Reputationsrisiko erachtet Kamp auch Investitionen in Krypto-Assets. «Das ist ein Bereich, den wir uns ansehen. Aber wir investieren nicht in ihn, weil es sich um einen Sektor handelt, der nicht völlig transparent ist. Wir können nicht wissen, was dahinter steckt, und für uns ist es ein hohes Reputationsrisiko», sagte er der grössten spanischen Tageszeitung weiter.
Vorsichtig ist Lombard Odier derzeit auch bei Aktieninvestments. «Wir sind in Aktien leicht untergewichtet», so Kamp. Wenn man in Aktien investieren müsse, empfehle er vor allem Energie- und Gesundheitsunternehmen. Bei höheren Zinssätzen würden festverzinsliche Anlagen attraktiver. Lombard Odier empfehle, die Gewichtung des Portfolios in alternativen Anlagen wie Private Equity zu erhöhen – nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass man das Ausmass einer allfälligen Rezession noch nicht kenne.
Noch zu früh
«Es ist Jahrzehnte her, dass die Inflation so hoch war. Die Zentralbanken haben gehandelt, um die Preise zu kontrollieren, und wir erwarten, dass wichtige Wirtschaftssektoren in eine Rezession geraten werden», erklärte Kamp. Es sei jedoch zu früh, um zu sagen, wie stark und wie lange sie sein werde. Natürlich erlebe jede Region einen Wirtschaftsabschwung anders, so der Lombard-Odier-Banker, der zuvor mehr als sechs Jahre bei Julius Bär arbeitete, wie auch finews.ch berichtete.