Die Digitalbank N26 wurde im vergangenen Jahr aufgrund von Mängeln in der Compliance von den deutschen Finanzaufsehern bei der Kundengewinnung an die Kette gelegt. Diese Fesseln will das Unternehmen bald abschütteln.
N26 Gründer und CEO Valentin Stalf ist zuversichtlich, dass die Digitalbank die Beschränkungen bei der Neukundengewinnung bald abschütteln kann. Die Bank habe «insgesamt gute Fortschritte» gemacht, sagte er laut «Financial Times» (Artikel bezahlpflichtig) bei der Vorlage der Jahreszahlen 2021 am Mittwoch.
Im Frühjahr 2021 hatte die deutsche Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) N26 die Neukundenzahl für die Neobank auf 50'000 pro Monat beschränkt und sogar einen Aufseher eingesetzt. Grund waren Mängel im Onboarding-Prozess mit Blick auf die Geldwäschereibekämpfung. Auch in Italien hatten die Behörden einen Stopp verfügt. Mit ihrem Banking-Angebot ist N26 auch in der Schweiz aktiv.
Steif zeigte sich zuversichtlich, dass die meisten Beschränkungen innerhalb von sechs bis 12 Monaten und möglicherweise deutlich früher aufgehoben werden. Das Unternehmen wolle ein Musterknabe bei der Einhaltung der Vorschriften werden, sagte er, und deutete an, dass N26 ohne die Wachstumsbegrenzung wahrscheinlich schneller wachsen könnte als zuvor, da Online-Banking in Europa immer beliebter wird.
Kosten fressen Wachstum auf
Aufgrund hoher Verwaltungsaufwendungen und Kosten für Werbung und Marketing hat N26 im Vorjahr einen höheren Verlust ausweisen müssen. Auch der Rückzug vom US-Markt kostete viel Geld. Die Verwaltungskosten kletterten um 31 Prozent auf 269,8 Millionen Euro. Der für 2021 ausgewiesene Nettoverlust betrug 172,4 Millionen Euro, verglichen mit 150,7 Millionen Euro im Jahr davor. Die Einnahmen stiegen hingegen um 50 Prozent auf 182,4 Millionen Euro.
Steigende Zinsen würden die Erträge der Bank in diesem Jahr begünstigen. Dennoch warnte N26, dass sich das Gesamtwachstum aufgrund einer drakonischen Begrenzung des Kundenwachstums durch die deutsche Finanzaufsichtsbehörde BaFin auf etwa 30 Prozent verlangsamen wird.
Keine Finanzierungsrunde nötig
Neue Finanzmittel benötige die Bank nicht. Man verfüge über genügend Barmittel, um die Gewinnschwelle zu erreichen. «Wir haben uns mit dieser Finanzierungsrunde viel Freiheit verschafft», sagte Finanzvorstand Jan Kemper. Die Gruppe wolle die Gewinnschwelle erreichen, ohne sich erneut an Investoren wenden zu müssen. Wie lange dies dauern werde, hänge von Faktoren ab, auf die das Unternehmen keinen Einfluss habe. «Wir legen uns nicht fest, ob dies 12, 24 oder 36 Monate dauern wird.»
N26 hatte im vergangenen Jahr in einer Finanzierungsrunde 780 Millionen Euro aufgenommen und wurde mit 7,8 Milliarden Euro bewertet. Doch seitdem sind die Bewertungen für Fintech-Unternehmen deutlich gesunken, wie etwa im Fall der börsenkotierten schwedischen Klarna.
Die Pläne für einen N26-Börsengang liegen indes auf Eis. «Wenn man sich den aktuellen Markt ansieht, ist dies nicht der richtige Zeitpunkt, um über einen Börsengang zu sprechen», sagte Kemper. Man arbeite jedoch weiterhin daran, für eine mögliche Börsennotierung in der Zukunft bereit zu sein.