Dass Banking Spass machen soll, weiss inzwischen jeder Marketingmanager in der Finanzbranche. Doch im Vergleich zu den Fintechs, die wie Pilze aus dem Boden schiessen, geraten etablierte Geldhäuser ins Hintertreffen, wie eine neue Studie zeigt.
Die Anziehungskraft der Fintechs im Bankkundengeschäft wächst unaufhaltsam. So lautet eine wichtige Erkenntnis aus dem neuen «World Retail Banking Report» des Beratungsunternehmens Capgemini und der European Financial Management Association (Efma).
Demnach können die Fintechs mit kostengünstigen und durchgängigen Angeboten punkten. Rund 75 Prozent der Teilnehmenden der Kundenstudie fühlen sich vom Angebot dieser Unternehmen angezogen, wie es heisst.
Paradigmenwechsel im Banking
Der Fintech-Aufschwung habe zu einem Paradigmenwechsel in Bezug auf die Erwartungen der Konsumenten an ihre Bankgeschäfte geführt, heisst es weiter. Das stelle auch die Einnahmen und letztlich die Relevanz vieler traditioneller Anbieter in Frage.
Rund die Hälfte der Befragten würden ihre derzeitigen Bankbeziehungen weder als lohnend ansehen noch würden sie sich emotional mit ihrem Institut verbunden fühlen oder hätten «Spass» am Banking.
Schwierige Datenverwertung
Bei den Banken werde das Problem zwar erkannt, viele Häuser seien aber nicht in der Lage mit den zur Verfügung stehenden Kundendaten entsprechend umzugehen. Das sei aber nötig, damit sie eine bessere Customer Experience und individuell zugeschnittene Angebote bieten könnten.
Die Banken müssten dringend stärker auf Daten und Künstliche Intelligenz setzen, um eine stärkere Kundenbindung zu erreichen, und nicht zuletzt, um mehr Ertrag pro Kunde zu erzielen.
Geschäftsmodelle überdenken
Rund 70 Prozent der ebenfalls befragten Bank-Führungskräfte seien besorgt über ihre ungenügenden Datenanalyse-Fähigkeiten. Ihnen fehle derzeit die Kapazitäten zur Verarbeitung der schieren Menge an Kundendaten. Und 95 Prozent gaben an, dass veraltete Vertriebssysteme und Kernbankenplattformen die Bemühungen zur Optimierung von Daten und kundenorientierten Wachstumsstrategien behindern.
«Retail-Banken müssen ihre Geschäftsmodelle überdenken und umstrukturieren. Es geht darum, die gleichen personalisierten, lebensstilorientierten Ökosysteme anzubieten, die Kunden von ihren digitalen Interaktionen ausserhalb der Bankenwelt erwarten», sagt Carina Schaurte, Leiterin Financial Services bei Capgemini Invent Schweiz.
Ansprache unabhängig vom Kanal
Die Kundenzufriedenheit hänge insbesondere von der persönlichen und individuellen Ansprache ab, unabhängig vom Kanal. Dabei seien «Convenience» und «Customer Experience» wichtig, egal, ob der Kunde seine Bankgeschäfte in der Filiale tätige oder schon komplett digital unterwegs sei. Filialen seien nach wie vor wichtig, müssten aber in die digitale Welt mit eingebunden sein, so die Expertin weiter.
Aus den Marketingmanagern müssten Kundenstrategen und Chief Engagement Officer werden, schreiben die Studienautoren. Dabei seien Strategien wie «Banking as a Service» (BaaS), über Ökosysteme eingebettete Banklösungen von Drittanbietern und andere Plattformmodelle wichtig.
Nur rund 22 Prozent der Marketingmanager sagten, dass sie von Anfang bis Ende für die gesamte Kundenerfahrungen verantwortlich seien oder Zugang zu vollständigen Kundenprofilen haben.