Die Entmachtung eines höchst einflussreichen Top-Bankers ist ein weiteres Indiz, wie Konzernchef Ralph Hamers Hierarchien und Pfründe bei der Grossbank schleift. Noch sind die Massnahmen nicht so hart, wie sie sein könnten.
«Zar» ist angesichts der aktuellen Weltlage kein Titel, den jemand gerne trägt. Dennoch nannten innerhalb der UBS manche Mitarbeitenden Josef «Joe» Stadler (Bild unten) so: Der ehemalige Investmentbanker hat über Jahre hinweg die Positionierung des Instituts als «Bank der Superreichen» geprägt und sich als Verwantwortlicher für diese exklusive Klientel eine Art eigenes Reich aufgebaut.
Auch im Umbau des Kerngeschäfts der UBS zur Globalen Vermögensverwaltung (GWM) wurde Stadler bedacht; er konnte 2019 das neu geschaffene Global Family Office mit der reichsten Kundschaft des Hauses übernehmen.
Ein Investmentbanker übernimmt
Umso drastischer ist nun der Machtverlust, der den 59-jährigen UBS-Veteranen ereilt hat: Stadler wird künftig noch als Executive Vice Chair im GWM geführt und kümmert sich um wichtige Kunden – eine zeremonielle Rolle für den Banker, der mehr als viele andere dazu beigetragen hat, den Ruf der UBS bei den Superreichen nach der Finanzkrise von 2008 wieder zu festigen.
«Sein» Global Family Office wird ab April 2022 Teil des neuen Bereichs Global Family and Institutional Wealth (GFIW), wie auch finews.ch berichtete. Die Einheit steht künftig unter der Aufsicht eines Investmentbankers: George Athanasopoulos, seines Zeichens bisher Co-Chef des Handels bei der Grossbank.
Prätorianer abgeschafft
Die neue Einheit steht dabei scheinbar ganz im Zeichen der Agilität: Kräfte aus allen Bereichen eines Unternehmens werden in GFIW zusammengezogen, um der superreichen Kundschaft zu Diensten zu sein. Dies wiederum trägt die Handschrift von Konzernchef Ralph Hamers – ein bekennender Fan des agilen Arbeitens. Die Art des Niederländers ist es auch, vor allem hinter den Kulissen zu wirbeln. Sein bevorzugtes Ziel sind dabei die starren Hierarchien und Pfründen, die er bei seiner Ankunft im Oktober 2020 bei der UBS angetroffen hat.
Einen ersten Paukenschlag rollte vergangenen November, als sich die UBS entschied, den Titel Group Managing Director abzuschaffen. Betroffen waren damals über 100 hohe Kader, die zuvor ausserordentlichen Einfluss und Privilegien innerhalb des Instituts genossen hatten und als «Prätorianer» von Hamers Vorgänger Sergio Ermotti galten. Sie wurden auf den Rang von Managing Director zurückgestuft.
Schlanker, effizienter, agiler
Vergangenen Februar wurde dann die Gesamtheit der 70’000 UBS-Angestellten ermahnt, sich künftig mit ihrer Funktion anzumelden – und nicht mehr mit dem Titel. Also: Leiter Trading, statt Managing Director. Im selben Zug sind die Titel aus dem internen «Verzeichnis» der Organisation verschwunden.
Die offizielle Begründung der UBS lautete ganz ähnlich wie zuvor bei der Abschaffung der «GMD». Nämlich, die Anpassungen stützten die Bemühungen der Bank, die Entscheidungsfindung zu verschlanken, Hierarchien abzubauen und das Arbeitserlebnis zu verbessern – dies auch mit Blick auf die agile Transformation innerhalb des Unternehmens.
Schlanker, effizienter, agiler: Diese Grundsätze haben einem Bericht des Wirtschaftsmagazins «Bilanz» (Artikel bezahlpflichtig) auch im Top-Management des Geldhauses Einzug erhalten. Demnach wurden öffentliche Wortmeldungen von Managern in der Presse zurückgebunden, und auch die Entlöhnung der Teppichetage soll sich nach dem Erfolg der ganzen Bank richten, und nicht mehr nach dem Abschneiden der jeweiligen Sparten. Sololäufe weichen dem Teamgedanken, und Manager werden zu «Enablern». So hat etwa der Digital- und Techologiechef Mike Dargan dafür zu sorgen, dass die einzelnen Innovations-Projekte in den diversen Sparten der Bank optimal gedeihen.
Keine Abstriche beim Lohn
Allerdings – und das passt ebenfalls zum bisherigen Vorgehen von Hamers bei der UBS – sind die Anpassungen zumeist «soft» geblieben. Denn Kader mögen zwar ihrer Titel verlustig gehen, müssen aber keineswegs auf Lohn verzichten. Ebenfalls verbleiben ihrem Posten enthobene Top-Banker wie nun Stadler beim Unternehmen, anstatt dass es unmittelbar zur Trennung käme.
Früher oder später wird der CEO aber in der Sache Zähne zeigen müssen. Dann hätten die einstigen «Könige» bei der Grossbank dann tatsächlich die Talsohle erreicht.