Von UBS-CEO Ralph Hamers hat man bezüglich strategischer Entscheidungen mehr erwartet. Anstatt radikale Umwälzungen anzustreben, hat der Niederländer die Grossbank auf eine Reise geschickt. Doch er wird auch restrukturieren.
«Purpose» – so lautet in einem Wort die neue Mission der UBS unter ihrem CEO Ralph Hamers. Das Wort kann auf Deutsch verschiedenes heissen: Zweck, Ziel oder auch Bestimmung.
Wenn dies der grosse strategische Wurf von Hamers sein soll, der von ihm seit seinem Jobantritt bei der UBS im vergangenen Herbst erwartet worden ist, dann ist er enttäuschend.
Vom 54-jährigen Transformations- und Digitalisierungsexperten hätte man Konkreteres erwartet, als den nicht sonderlich innovativen Slogan, der künftig für die UBS stehen soll: «Reimagining the power of investing. Connecting people for a better world.»
Archegos und der Wunsch nach einer besseren Welt
Für eine UBS, die im ersten Quartal in der Investmentbank 774 Millionen Dollar mit dem Kunden Archegos Capital verzockt hat, klingt dieser Leitspruch eher nach einem nach wie vor inhärenten Interessenkonflikt: Hier der weltgrösste Vermögensverwalter mit einem starken Investmentfokus auf Nachhaltigkeit und Impact sowie der Bestimmung, zusammen mit den Milliardärs-Kunden «die Welt zu einem besseren Ort zu machen» (Hamers Worte).
Dort ein nach wie vor reger Player im globalen Handelsgeschäft, das von der realen Wirtschaft entkoppelt ist und wegen der hohen Risiken alles andere als nachhaltige Erträge erwirtschaftet.
Wo ist der grosse Wurf?
Daran will der frühere ING-Chef nichts ändern. Der Archegos-Verlust werde weder die Ausrichtung der Investmentbank beeinträchtigen noch das Prime Brokerage in Frage stellen, sagte Hamers in einem Interview mit der Nachrichtenagentur «Bloomberg».
Der «grosse Wurf» am Dienstag war offensichtlich die Ernennung von Mike Dargan zum Geschäftsleitungsmitglied. Seine Funktion heisst nun Chief Digital and Information Officer, was für Dargans künftiges Wirken eine klare Vorgabe ist.
Das bekannte Lied von Agilität und Innovation
Hamers bleibt dabei in seinem wolkigen Duktus: Die Bank solle ihre strategischen Ziele im Bereich Digitalisierung und Technologisierung erreichen, agiler und effizienter werden, mehr auf Kundenbedürfnisse fokussieren, Prozesse vereinfachen und anders arbeiten, Roboter nutzen, innovativer werden etc.
Der neue UBS-Chef hat somit Stationen für ihre Reise in die Zukunft definiert und ist dabei vage geblieben.
Ein konkretes Ziel: Eine Milliarde einsparen
Doch Hamers hat Anhaltspunkte geliefert, dass diese UBS-Reise ruppig wird. Bis 2023 will er 1 Milliarde Dollar Kosteneinsparungen erreichen und von da an das tiefere Ausgabenniveau halten.
Es ist klar, dass mit neuen agilen und effizienten Arbeitsmethoden und dem Einsatz von Robotern innerhalb von 18 Monaten keine Milliardeneinsparungen erreicht werden können. Restrukturierungen sind bereits aufgegleist, wie Finanzchef Kirt Gardner am Dienstagmorgen gegenüber Analysten sagte. Allein im zweiten Quartal werde die UBS dafür 300 Millionen Dollar aufwenden.
Hinweise auf Stellenabbau
Details blieben sowohl Gardner als auch Hamers bislang schuldig. Strukturen und Governance würden rationalisiert, um die verfügbare Zeit im direkten Kundengeschäft zu erhöhen, sagte der UBS-CEO allerdings. Ein Hinweis auf einen anstehenden Stellenabbau?
Dass die UBS über Führungsebenen verfügt, die wenig zum operativen Erfolg der Bank beitragen und wegen ihrer sturen Prozessorientiertheit als schwerfällig gelten, dürfte Hamers nicht entgangen sein.
Neue Tech-Sprech
Die Aufhebung der Funktion des Chief Operating Officers in der Konzernleitung, das konkrete Sparziel von 1 Milliarde Franken wie auch die angekündigte Restrukturierung lassen darauf schliessen, dass der UBS-Chef auch härter zupackt, um die UBS voranzubringen.
Doch Hamers kommuniziert eben nicht wie ein auf Kosten fokussierter Sanierer, sondern wie ein Manager, der das Vokabular der Technologie-Visionäre im Silicon Valley verinnerlicht hat.