Für die Zürcher Bank Julius Bär wäre es sehr wichtig, möglichst bald eine grössere Übernahme zu tätigen. Doch vorerst muss die Finma grünes Licht dafür geben.
Aufgrund von früheren Mängeln in der Geldwäscherei-Bekämpfung darf die Zürcher Bank Julius Bär auf Geheiss der Behörden bis auf weiteres keine Übernahmen tätigen. Offenbar will die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (Finma) nun aber bald dieses Verbot aufheben, wie finews.ch schon früher berichtete.
Dies wäre das Ende einer tiefgreifenden Aufräumaktion, die sich über ganze vier Jahre hinzog und auf die riskante Geschäftspolitik des früheren CEOs Boris Collardi zurückgeht. Die Befreiung von dieser Auflage würde auch bedeuten, dass der heutige Chef, Philipp Rickenbacher, eine eigentliche Wachstumsstrategie an die Hand nehmen könnte. Und dies ist offensichtlich der Fall, wie Recherechen von finews.ch zeigen.
In grossen Dimensionen
Tatsächlich denkt Rickenbacher in grossen Dimensionen. Er will zwar organisch wachsen, liess aber bereits im vergangenen Monat verlauten, dass er sich durchaus eine Akquisition einer Vermögensverwaltung mit 100 Milliarden Franken Kundengeldern vorstellen könnte. Dies entspräche rund dem Doppelten dessen, was Julius Bär 2012 bei der Übernahme des internationalen Wealth-Management-Geschäfts von Merrill Lynch ausgegeben hatte.
Dass ein solcher Deal für Rickenbacher so wichtig ist, hängt damit zusammen, dass es für ihn so etwas wie ein Vermächtnis wäre, um sich aus der Ära Collardis endgültig zu befreien. Wie Recherchen von finews.ch zeigen, hat bereits mit mindestens einem spezialisierten Vermögensverwalter (Asset Manager) gesprochen. Allerdings ohne Erfolg. Die Bank wollte auf Anfrage von finews.ch dazu nicht Stellung nehmen.
An Inhalten interessiert
Dieser Vorstoss zeigt auch, dass Julius Bär nicht primär an weiteren Kundengeldern interessiert ist, sondern an «Inhalten», also an Investment-Know-how und entsprechenden Produkten, die ein anderes Unternehmen liefern könnte. Denn soviel steht fest: Die 126-jährige Zürcher Traditionsbank braucht dringend ein Differenzierungsmerkmal, um sich im hartumkämpften Vermögensverwaltungs-Geschäft gegenüber der Konkurrenz profilieren zu können.
Rickenbacher, so weitere Recherchen, peilt auch deswegen einen Deal an, um seine Strategiekenntnisse endlich unter Beweis zu stellen, und diese laufen darauf hinaus, ein Finanzinstitut zu übernehmen, der Julius Bär sozusagen die Tür zu spezialisierten Anlagen öffnet – allerdings immer mit dem Fokus auf Finanzdienstleistungen für Privatkunden und nicht für institutionelle Investoren.
Konkurrenz schon weiter
Diese Idee ist zwar nicht ganz neu, doch nun hat sie an Dringlichkeit gewonnen. Denn im anhaltenden Tief- oder Negativzins-Umfeld suchen die Privatkunden zunehmend nach neuen Anlagemöglichkeiten, weil Obligationen zu wenig abwerfen und viele Aktien längst überbewertet sind.
Mit dieser Idee steht Julius Bär nicht alleine da, bloss sind andere Institute wie Pictet, Rothschild, LGT oder Syz schon weiter damit und betreiben Asset-Management-Sparten sowohl für private wie auch für institutionelle Kunden. Eine weitere Dienstleistung, die für Kunden interessant ist, sind einzelne Investments, bei denen die Bank sich ebenfalls engagiert, wie das beispielsweise beim fürstlichen Portfolio der liechtensteinischen LGT der Fall ist oder bei der US-Bank Goldman Sachs. Das ist eine, gerade bei sehr vermögenden Privatpersonen höchst beliebte Anlageoption.
Viele Anforderungen
Dass Julius Bär derlei Pläne mit sich herumträgt, unterstreicht auch das Engagement von Giuseppe De Filippo, der Anfang Jahr von der UBS zur Zürcher Traditionsbank stiess und gerade im Bereich Private Equity neue Dienstleistungen entwickeln soll. Es ist zwar nicht so, dass Julius Bär bis jetzt auf diesem Gebiet untätig geblieben ist, doch mussten sich die Berater bei ihren Gesprächen mehrheitlich auf Produkte von Drittanbietern abstützen. Und gerade das soll sich nun ändern.
Für Rickenbacher steht eine anforderungsvolle Zeit bevor. Denn erstens muss er hoffen, dass die Finma möglichst bald grünes Licht für neuerliche Übernahmen gibt. Die Behörde hat sich bislang noch nicht dazu geäussert. Zweitens hat die Bank unlängst ein Aktienrückkaufs-Programm gestartet, bei dem es um rund 450 Millionen Franken geht, dass Julius Bär seinen Eigentümerinnen und Eigentümer zurückzahlen würde.
Wichtiger Deal für Philipp Rickenbacher
Sollte es tatsächlich zu einem Deal kommen, deutet einiges darauf, dass er dieses Programm fallen lassen oder zumindest unterbrechen würde. Und drittens ist es alles andere als sicher, dass Julius Bär auch das passende Akquisitionsobjekt findet, zumal viele solche Asset Manager als Partnerschaften konstituiert sind und darum nicht unbedingt verkaufen respektive sich einer grösseren Bank unterordnen wollen, ausserdem sind manche attraktiven Firmen, wie die Partners Group mit einer Marktkapitalisierung von 30 Milliarden Franken etwa, schlicht zu gross für Julius Bär. Die Bank weist im Vergleich dazu derzeit eine Börsenkapitalisierung von gut 12 Milliarden Franken auf.
Für Rickenbacher, der vor rund 18 Monaten die Führung von Julius Bär übernahm, ist ein solcher Deal insofern wichtig, da er damit seine Handschrift unter die reorganisierte Bank setzen und ein neues Kapitel in der Firmengeschichte schreiben könnte. Grosse Private-Equity-Firmen, wie Eurozao der Astorg in Frankreich, oder Finanzhäuser in Europa, gibt es viele und unterstreicht, wie weitläufig Rickenbachers Plan ist.
Selbst ein Geschäft in den USA wäre denkbar, zumal die Bank in diesem Markt durchaus (wieder) Fuss fassen möchte, wie finews.ch bereits im vergangenen Dezember berichtete. Gossbritannien und auch Asien, beides Regionen, in denen Julius Bär präsent ist, wären weitere Optionen für einen signifikanten Wachstumsschritt.
Mitarbeit: Peter Hody