Als ob sich die Geschichte wiederholte: Gehebelte Derivate haben in den Corona-Turbulenzen einen Totalausfall erlitten. Die Produkte kauften Privatkunden. Die UBS zählt zu den Emittenten.
Mitte März 2020 gewann die Bank. Ein UBS-Derivat auf US-Hypotheken stürzte ins Bodenlose. Es hatte den massiven Börsenturbulenzen, die im Zuge der sich ausbreitenden Coronapandemie zum historischen Kurssturz führten, nicht standgehalten. Dabei war dieser UBS-ETN in den vergangenen fünf Jahren höchst populär gewesen, wie die US-Finanzseite «The Street» im vergangenen März berichtete.
Das Produkt habe mehrmals Renditen von 20 Prozent und mehr geliefert und sei damit eines der dividendenstärksten Papiere auf dem Markt überhaupt gewesen. Die UBS-Notes zahlten diese Dividenden auf Monatsbasis aus, was die Popularität noch erhöhte.
Nur noch 20 Cents anstatt 14 Dollar
Nun zeigt sich: Solche Derivate wie jenes der UBS waren besonders unter US-Retailkunden beliebt. Das «Wall Street Journal» (Artikel bezahlpflichtig) beschreibt jedoch in einem langen Artikel, wie amerikanische Pensionäre «innerhalb von zwei Wochen damit bankrott» gingen.
Im vergangenen März dann zog die UBS diesen Hypotheken-ETN zurück, nachdem das Papier von mehr als 14 Dollar auf unter 25 Cents abgestürzt war. Den verbliebenen Investoren würde noch 20 Cents pro ETN ausbezahlt, hiess es. Die Credit Suisse (CS) wiederum hatte im vergangenen April Investoren eines Öl-ETN vor einem Totalverlust gewarnt. Weitere Banken wie die Société Générale oder BNP Paribas erlitten mit ihrem Derivate-Geschäft in diesem Jahr ebenfalls Verluste in dreistelliger Millionenhöhe.
Keine Rendite ohne Risiko
Die Geschichte scheint sich somit zu wiederholen: Wie in der Finanzkrise von 2008/09 werden private Anleger Opfer von Strukturierten Produkte und Derivaten, die ihnen überdurchschnittliche Renditen in Aussicht stellen, ohne dass die Banken auf die damit verbundenen hohen Risiken aufmerksam machen.
In der Finanzkrise führte vor allem das Gegenparteirisiko zum Totalausfall, da die US-Bank Lehman Brothers zu den grössten Emittenten von Strukturierten Produkten zählte. Ausserdem gab es zahlreiche Produkte auf Private-Equity- und andere illiquide Anlagen, die damals aufgrund der Marktturbulenzen massiv an Wert einbüssten.
Banken und Emittenten wurde damals vorgeworfen, Anleger zu wenig klar auf die Risiken aufmerksam gemacht zu haben. In der Schweiz waren damals rund 20'000 Anleger betroffen, die via andere Banken, insbesondere die CS, Lehman-Produkte gekauft hatten.
Wie in Steroide investieren
Der Fall mit den ETN liegt nun leicht anders: Diese Produkte sind über Online-US-Broker wie Robin Hood oder TD Ameritrade erhältlich, also über Handelsplätze, wo Privatanleger ohne Beratung sich ihr eigenes Portfolio zusammenstellen können. ETN mit monatlichen Auszahlungen schienen bislang vor allem für Pensionäre reizvoll zu sein.
Im eingangs erwähnten Artikel heisst es, dass professionelle Anleger einen weiten Bogen um diese Produkte machten. Gehebelte ETN zu kaufen, sei wie «Investieren in Steroide», zitiert das Finanzblatt Todd Rosenbluth vom Investmentresearch-Unternehmen CFRA.
Der Hebelmechanismus führt zwar in positiven Märkten zu entsprechend höheren Renditen, fallen die Märkte aber, multiplizieren sich die Verluste. Und fällt ein ETN unter eine bestimmte Marke, haben die Emittenten das Recht, das Produkt unverzüglich aus dem Markt zu nehmen.
UBS zog 15 Produkte zurück
Investoren erhalten dann in der Regel einen kleinen Bruchteil ihres Anfangsinvestments zurück. Laut «Wall Street Journal» hat im laufenden Jahr allein die UBS 15 ihrer ETN zurückgezogen – nachdem der Wert zusammengebrochen war.
Dazu schrieb die UBS in einem Statement: «Wie jedes komplexe Finanzprodukt ist auch das Investieren in gehebelte ETN riskant». Die UBS würde aber ausreichende Informationen über diese Risiken und die spezielle Ausgestaltung dieser ETN öffentlich zugänglich machen, um eine informierte Anlageentscheidung treffen zu können.
Praktisch unverständlich
Im Fall dieses Hypotheken-ETN lieferte die UBS Investmentbank mehr als 32 eng bedruckte Seiten (plus Anhänge), in denen das Produkt beschrieben und auf die Risiken aufmerksam gemacht wird. Anlegerschützer argumentieren indessen, dass solche Produktebeschreibungen von Privatanlegern kaum gelesen würden, da sie praktisch unverständlich seien. Eine Durchsicht des UBS-Beschriebs liefert eine Bestätigung dieses Urteils.
Trotzdem kann man der UBS nicht den Vorwurf machen, sie unterlasse es, Privatanleger anzuweisen, überhaupt die Finger von solchen ETN zu lassen. Im Prinzip müsste bereits der Name eines solchen Produktes, «ETRACS Monthly Pay 2xLeveraged Mortgage REIT ETN Series B*», Warnung genug sein.