Alle Banken wollen Programmierer einstellen, oder noch besser Banker, die coden können. Doch findige HR-Profis suchen bereits nach neuen und höchst überraschenden Profilen.
Tech ist alles. Tech kann alles. Kein Wunder, sind in der Schweiz Informatik-Fachleute nach den Ingenieuren die gesuchtesten Fachleute überhaupt. Und aufgrund der branchenübergeifenden Digitalisierung dürften solche Stellenprofile auch weiterhin Mangelware bleiben. Das bekommt auch der hiesige Finanzsektor zu spüren.
Doch dadurch, dass inzwischen jede grössere Bank ihre Tech-Abteilung hat, werden auch Kenntnisse wie Programmiersprachen immer mehr zur Selbstverständlichkeit, zumindest, wenn es nach dem amerikanischen Magazin «Business Insider» (Artikel bezahlpflichtig) geht. Die weltgrösste Depotbank State Street hat dem Magazin erklärt, dass sie nun daher vermehrt nach Fähigkeiten sucht, die man nur schwer trainieren kann: die Fähigkeit zur Problemlösung und Zusammenarbeit in vielfältigeren Teams.
«Eine ganz besondere Art, ein Problem anzugehen»
So sagt Jay Biancamano, Managing Director und Leiter der Abteilung für digitale Währungen bei State Street, die Bank suche inzwischen nach atypischeren Hintergründen – zum Beispiel nach Kandidaten, die Musik studiert haben. Denn diese hätten «eine ganz besondere Art, ein Problem anzugehen». Das soll der Bank helfen, Engpässe an qualifizierten Arbeitskräften in anderen Bereichen zu überwinden, so Biancamano.
Laut ihm hat kein einziges Unternehmen all die Fachlkräfte, die es braucht, um eine digitale Transformation zu ermöglichen. Und: «selbst wenn sie das Talent haben, haben sie entweder nicht genug davon, oder sie haben nicht das richtige Matching». Der einzige Weg, agil zu sein, sei ein Netzwerk zu haben, das sich anpassen kann.
Soft Skills wichtiger als Hard Skills
Nickolas Delikaris, Global Head of Algorithmic Trading von State Street, sagt gegenüber dem Magazin, dass Studenten, die Musiktheoriekurse belegen, lernen, wie man Grundtöne miteinander verbindet, um kompliziertere und überzeugendere Kompositionen zu schaffen. Eine solche Ausbildung helfe den Absolventen, die nicht-technischen Fähigkeiten zu vermitteln, die State Street und andere Banken heute erwarten würden.
«Das ist alles, woran man im Geschäftsleben denkt», so Delikaris. «Man hat eine Komponente, die man auf einer breiteren Ebene verstehen muss, die einem etwas sehr, sehr Kreatives bringt. Aber es ist das Zusammenfügen von allem, und dann kommt die Implementierung der Dinge hinzu.»
Neben Musik gibt es auch noch andere Hintergründe, die State Street vielversprechend erscheinen. So sagt Delikaris, einer seiner überzeugendsten Angestellten habe Geschichte studiert. Generell seien Soft Skills wichtiger geworden als Hard Skills, sagte er: «Brauche ich jemanden, der sich mit Finanzen auskennt und eine Hypothek abwickeln kann? Nein. Ich brauche jemanden, der denken kann und tatsächlich versteht, was wir hier eigentlich tun.»