Eine missglückte Nachfolgeplanung in reichen Familien zerstört Milliardenvermögen. Banken setzen darum erhebliche Ressourcen ein, damit der Vermögenstransfer zur nächsten Generation klappt. Hier eine Anleitung der UBS.
Thomas Mann hat das Phänomen in seinem zeitlosen Roman «Buddenbrooks» beschrieben. Die Schotten sagen, «der Vater kauft, der Sohn baut auf, das Grosskind verkauft und dessen Sohn bettelt».
In China gilt: «Reichtum überlebt nie mehr als drei Generationen», in Japan heisst das Sprichwort, «Reisfeld zu Reisfeld in drei Generationen, in den USA «Hemdsärmel zu Hemdsärmel (shirtsleeves to shirtsleeves) in drei Generationen». Alle meinen dasselbe: Reichtum und Wohlstand, aufgebaut von der ersten Generation, wird in der dritten verloren.
68 Billionen Dollar
Es ist ein massives Problem, mit welchem sich die Privatbanken und ihre UHNWI- und Family-Office-Einheiten herumschlagen. Problem und Chance zugleich: Gemäss dem Ressearchunternehmen Cerulli werden in den kommenden 25 Jahren 68 Billionen Dollar an Privatvermögen vermacht – entweder an die nächste Generation oder an Wohltätigkeitsorganisationen.
Dies impliziert gewaltige Summen für Wealth Manager und Privatbanken, welche sie entweder weiterhin verwalten – oder verlieren werden. Das Problem ist insofern ernst, als dass andere Studien (zum Beispiel der jüngst veröffentlichte Global Family Offices Report der UBS) zeigen, dass innerhalb von steinreichen Familien vielfach grosses Unbehagen besteht, das Thema Vermögenstransfer überhaupt anzusprechen.
Eine Anleitung zur Problemlösung
Hier müssen die Privatbanken ins Spiel kommen, wie Judy Spalthoff in einem Interview mit dem US-Portal «Thinkadvisor» sagt. Spalthoff leitet im Wealth Management der UBS in New York die Family Advisory und Philanthropy Services. Sie ist spezialisiert darauf, solche Familienthemen zu begleiten und auch konkrete Zusammenkünfte von Familien so zu moderieren, dass das gewünschte Ergebnis eines reibungslosen Übergangs der Millionen und Milliarden an die nächste Generation eintrifft.
Spalthoffs Aussagen lesen sich wie eine Anleitung zur Problemlösung:
1. Die Rolle als Berater: Präventivmediziner
Die Krankheit ist klar: Weil innerhalb von Familien Erb- und Nachfolgethemen allgemein ungern behandelt werden, ist der Fortbestand von Reichtum und Wohlstand gefährdet und die Familie droht auseinander zu brechen. Als Berater müsse man sich darum als Präventivmediziner betrachten, so Spalthoff: «Wir versuchen zumindest, alle möglichen Krankheitsherde zu immunisieren, indem wir die Themen vorzu ansprechen.»
2. Die Ausgangslage: Misstrauen, Desinteresse
Spalthoff: «Sie (die Eltern) fürchten sich vor dem Gespräch, weil sie nicht darauf vorbereitet sind, alle finanziellen Details transparent zu machen. Sie fürchten, dass ihre Kinder auf ihre Rechte pochen, dass sie keine nützlichen Mitglieder der Gesellschaft werden und die Aussicht auf das Geld ihnen einen Sinn nimmt. Die Erben wiederum sind schlicht nicht darauf vorbereitet. Das Erbe trifft sie oftmals wie ein Meteorit und haut sie um.»
3. Das Allzweckmittel: Kommunikation
Spalthoff: «Wer seine Absichten nicht kommuniziert, schafft mögliche Bruchstellen innerhalb der Familie und lässt die Kinder unvorbereitet.» Studien zeigen, dass 60 Prozent aller Familiennachfolgen scheitern, weil innerhalb der Familien nicht oder zu wenig kommuniziert wurde. Ein Viertel ging schief, weil die Kinder nicht vorbereitet waren. Spalthoffs Regel: Mindestens einmal im Jahr soll eine Familie Erb- und Nachfolgethemen besprechen.
4. Das Grundrezept: Es ist eine Evolution
Im Private Banking ist meistens von einem «Wealth Transfer Event» die Rede, wenn grosse Vermögen bewegt werden. Spalthoff spricht hingegen von einer «Wealth Transition». Das sei ein riesiger Unterschied. Der Transfer sei ein Ereignis, die Transition ein evolutionärer Prozess, den es Schritt für Schritt zu planen und auszuführen gelte – auch um mögliche unvorhergesehene «Tax Events», also Steuerzahlungen, zu vermeiden.
5. Die Taktik: Über Geld spricht man zuletzt
Spalthoff: «Wir gehen an diesen Prozess wie mit einer Dimmer-Lampe heran. Wir legen also nicht gleich die finanziellen Dokumente auf den Tisch und beginnen über einen Trust zu sprechen. Bevor wir über Geld reden, machen wir ein wenig Licht und beleuchten alle anderen Dinge, die in der Familie bleiben sollen.»
6. Das Instrument: Ein Set mit Karten
Die Methode, um ein Gespräch in Gang zu bringen, ist laut Spalthoff eine Art Werkzeugkasten, aus dem die Familie das für sie passende Mittel wählen kann, um die Furcht vor der Konversation zu nehmen und diese in Gang zu setzen.
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