Das Geschäft mit sehr vermögenden Privatbankunden macht bei der LGT in der Schweiz mehr als 50 Prozent des gesamten Volumens aus. «Dass wir dabei keine Investmentbank im Haus haben, ist für unsere Kunden kein Nachteil, sagt Riccardo Petrachi von der LGT-Gruppe im Interview mit finews.ch


Herr Petrachi, was genau macht den Unterschied aus, zwischen einem Ultra-High-Net-Worth-Kunden und einem High-Net-Worth-Kunden?

Ein UHNWI-Kunde hat mindestens 20 Millionen Franken bei uns gebucht. Häufig haben diese Kunden nebst der LGT-Bank noch eine oder zwei weitere Bankenbeziehungen, das heisst, ihre bankfähigen Assets liegen meist über 50 Millionen Franken.

Nebst dieser monetären Schwelle unterscheiden sich UHNWI- von HNWI-Kunden durch die höhere Komplexität ihrer Bedürfnisse. Nicht selten besitzen UHNWI-Kunden ein Family Office, das von Profis geführt wird und daher einen semi-institutionellen Charakter aufweist.

Worum geht es im Wesentlichen bei der Betreuung dieser Art von Kunden?

Es geht uns immer darum, den Kundenbedürfnissen entsprechende massgeschneiderte Anlagelösungen zu erarbeiten – nur sind diese für UHNWI komplexer. Oft handelt es sich um aktive oder ehemalige Unternehmer respektive Unternehmerfamilien, deren Vermögen teilweise noch in der Firma investiert ist und deren Mitglieder vielleicht in mehreren Ländern Wohnsitz haben.

«Das Fürstenhaus von Liechtenstein ist ja selbst seit 26 Generationen eine erfolgreiche Unternehmerfamilie»

Basis unserer Beratung ist deshalb in der Regel eine detaillierte strategische Vermögensallokations-Analyse. Der Vermögenserhalt und -transfer an die nächste Generation ist für UHNWI ein zentrales Thema, weshalb sie auch den Einblick in die Family Governance unseres Eigentümers schätzen.

Das Fürstenhaus von Liechtenstein ist ja selbst seit 26 Generationen eine erfolgreiche Unternehmerfamilie. Wie diese Familie ihre Erb- und Nachfolgefragen regelt und wie sie ihre Werte, auch die ideellen, an die nächste Generation weitergibt, ist für viele unserer UHNWI-Kunden sehr interessant.

Inwiefern sind UHNW-Kunden anders in ihren Bedürfnissen als «gewöhnliche» Privatkunden respektive HNWIs?

Insbesondere erfolgreiche Unternehmer haben oft hohe Renditeerwartungen und aufgrund ihres hohen Vermögens auch eine höhere Risikotoleranz. Bei diesen Kunden setzen wir verstärkt auf Privatmärkte, wie Private Equity, Private Debt oder Private Infrastructure und nutzen auch Anlageklassen wie versicherungsbasierte Anlagen (ILS) sowie gewisse Hedge Funds, welche eine tiefe Korrelation zu Aktien und Anleihen aufweisen.

«Für unsere Kunden ist es also nicht unbedingt ein Nachteil, dass wir keine Investmentbank im Haus haben»

Oft beraten wir unsere UHNWI-Kunden auch zu sogenannten Overlay-Strategien, um beispielsweise die Währungs-, Zins- und Marktrisiken mittels derivativen Instrumenten zu verwalten. Viele dieser Kunden sind auch an Impact-Investments und an philanthropischen Engagements interessiert.

Grossbanken behaupten, sehr vermögende Kunden könne man nur betreuen, wenn man auch in der Lage sei, entsprechende Investmentbanking-Leistungen anzubieten. Die LGT hat kein Investmentbanking. Wie lösen Sie als mittelgrosse Bank diesen Mangel?

Wir wickeln entsprechende Transaktionen, beispielsweise OTC-Optionen, Zeichnungen von Neuemissionen von Aktien und Anleihen oder Block Trades über unsere Handelsabteilungen ab, die ihrerseits Kunden der Investmentbanken sind. Auf diese Weise können wir für unsere Kunden die besten Angebote im Markt finden.

Bei Firmenverkäufen arbeiten wir eng mit uns vertrauten, externen Partnern zusammen, welche die Beratung und Abwicklung derartiger Transaktionen übernehmen. Für unsere Kunden ist es also nicht unbedingt ein Nachteil, dass wir keine Investmentbank im Haus haben. Sie schätzen auch, dass wir mit unserem Fokus auf das Vermögensverwaltungsgeschäft keine unnötigen Risiken in der Bilanz fahren und somit eine hohe finanzielle Stabilität aufweisen.

Grosse Kunden beschäftigen zum Teil mehrere Fachleute, die mit den Banken verhandeln und dabei auch die Konditionen drücken. Wie gehen Sie damit um?

In der Tat gründen immer mehr UHNWI-Kunden ihr eigenes Family Office, das mit den Banken die Preise verhandelt. Bei traditionellen Anlagen wie Aktien und Anleihen besteht ein starker Wettbewerb und somit ein signifikanter Preisdruck. Bei alternativen Anlagelösungen und Produkten ist der Preis hingegen sehr beschränkt verhandelbar, da wir meistens nur eine limitierte Menge anbieten können.

Wie gross ist Ihre Abteilung, die UHNWIs betreut?

Das UHNWI-Geschäft macht über 50 Prozent unseres Kundengeschäfts in der Schweiz aus. Wir haben kein spezialisiertes Team, das sich ausschliesslich um diese Kunden kümmert, das heisst ein Grossteil unserer Kundenberater betreut neben HNWI- auch UHNWI-Kunden.

«Der wichtigste Markt ist für uns die Schweiz»

Um sie bei der Betreuung und Akquisition dieser sehr anspruchsvollen Kunden gezielt zu unterstützen und den Wissens- und Erfahrungsaustausch zwischen den einzelnen Teams zu fördern, haben wir vor zwei Jahren das «UHNWI Competence Center» gegründet. Dieses entlastet die Front beispielsweise bei Recherchen oder der Erstellung von massgeschneiderten Präsentationen und Anlagevorschlägen.

Das Competence Center stellt auch «Dealteams» zusammen, beispielsweise aus Portfolio-Managern, Produktspezialisten oder Experten im Bereich Private Label Funds, und koordiniert diese.

Wo liegen Ihre geographisch wichtigsten Wachstumsmärkte im UHNWI-Geschäft?

Der wichtigste Markt ist für uns die Schweiz, auch weil wir da ein enges Beziehungsnetz haben. Wichtige Märkte sind zudem Deutschland, Italien, Spanien und Russland.

Welche Art von Bankmitarbeitenden qualifizieren sich für die Betreuung von UHNW-Kunden?

Sie sollten über langjährige Erfahrung in der Betreuung sehr vermögender Kunden verfügen. Wichtig ist solides Fachwissen, insbesondere auch bei den für diese Kundengruppe wichtigen Anlagethemen, also beispielsweise in der Portfoliokonstruktion und der strategischen Vermögensallokation oder in alternativen Anlageklassen.

«In den wichtigen Wachstumsmärkten sind wir immer interessiert, weitere Kundenberater zu rekrutieren»

Ebenso wichtig ist eine gewisse Lebenserfahrung und Vertrautheit mit komplexen Vermögens- und Familienstrukturen. Je nach Markt sind zudem spezielle Sprachkenntnisse relevant.

Suchen Sie weiteres Personal für diesen Geschäftsbereich?

In den für uns strategisch wichtigen Wachstumsmärkten sind wir immer interessiert, weitere Kundenberater oder Teams mit UHNWI-Erfahrung und einem überzeugenden Businessplan zu rekrutieren. Wir konnten in den vergangenen Jahren mehrere solcher Zugänge verzeichnen und auf diese Weise das Verständnis für dieses Kundensegment vertiefen.


Riccardo Petrachi ist seit 2016 bei der LGT Bank Schweiz als Leiter des UHNWI Competence Center tätig und betreut UHNWI sowie Family Offices. Zudem ist er für die Koordination des UHNWI-Geschäfts der LGT Gruppe verantwortlich. Nach Stationen im Investment Banking, u.a. bei Goldman Sachs in London und Zürich, arbeitete er in führenden Positionen im Private Banking der UBS sowie als Leiter des Private Banking bei der Rothschild Bank AG in Zürich.