Der grösste Albtraum eines Bankkunden: Konto gehackt, Geld weg. Das deutsche Neobanken-Wunder N26 zeigt, wie man mit so einem Fall nicht umgehen sollte.
Kurz vor dem Schweizer Marktauftritt macht das deutsche Neobanken-Einhorn N26 Schlagzeilen. Dieses Mal keineswegs Positive. So soll ein Kunde bestohlen worden sein, und im Nachgang habe der eingedampfte Kundendienst versagt, wie das deutsche Online-Magazin «Gründerszene» berichtet.
Laut dem Magazin wollte sich ein N26-Nutzer namens Axel Seitz Mitte Februar in sein Konto einloggen, um damit Rechnungen bezahlen. Wiederholt erhält er die Meldung angezeigt, seine Benutzerdaten seien nicht korrekt, obwohl sie das eigentlich hätten sein müssen.
Telefonservice ausser Betrieb
Also schickt er N26 eine gewöhnliche Mail-Anfrage, da der telefonische Kundendienst gerade nicht verfügbar ist, wie die Hotline in jugendlichem Ton verkündet und auf den Chat in der N26-App verweist. Seitz:«Hey N26, mein Login funktioniert nicht, ich bitte dringend um Hilfe.»
Darauf erhält er zwei Tage lang nur automatisierte Antworten. Dann ist der Kundendienst nicht in der Lage, die Mail-Adresse von Seitz in der Kundendatenbank zu finden, weswegen er wieder auf den Support-Chat des Unternehmens – dieses Mal auf der Webseite von N26 – verwiesen wird.
«Melde dich sofort bei der Polizei»
Dort erhält er dann nach zwei langen Wochen der Ungewissheit endlich eine Antwort von Seiten N26, und die hat es in sich, wie der folgende Chat-Auszug zeigt:
Keine Sorgen soll der um 80'000 Euro erleichterte Kunden sich machen, doch bleibt das Konto auch in den nächsten Wochen gesperrt. Für jemanden, der N26 als Primärbank benutzt, kann das verheerende Folgen haben. So erzählt Seitz gegenüber der «Gründerszene», er habe weder Angestellte, noch Lieferanten, noch Vermieter bezahlen können. Inzwischen bleibt der Chat stumm. Seitz kontaktiert N26 nur noch via Anwalt.
Nur ein Einzelfall
Auch wenn dieses Beispiel natürlich nur ein Einzelfall ist, kann man davon schon ableiten, wie es um den Kundendienst der Neobank gerade steht. Der Telefonservice ist entgegen den Angaben der Hotline übrigens nicht «gerade ausser Betrieb», sondern wurde abgeschaltet. Offiziell nicht aus Kostengründen, sondern weil viele Kunden den direkten Kontakt via Chat schätzen würden.
N26 schrieb einige Tage nach Erscheinen dieses Artikels, dass die Bank den Telefon- in einen Rückrufservice geändert habe. Für Metal-Premiumkunden stünde weiterhin eine Telefonnummer zur Verfügung. Zudem habe N26 nach den jüngsten Vorkommnissen mit Schulungen des Kundenservice begonnen. Die Erreichbarkeit des Kundenservice werde demnächst auf 24/7 ausgebaut: täglich 24 Stunden, sieben Tage die Woche.
Reputation von zentraler Bedeutung
N26 will in den nächsten Monaten in der Schweiz Fuss fassen. Auch wenn gerade für viele der jüngeren Kunden die Mobilität und Agilität einer Neobank gegenüber den Service-Ansprüchen genügen, und auch wenn man natürlich von einer Gratis-Bank keinen herausragenden Kundendienst – «you get what you pay for» – erwarten kann, muss sich N26 trotzdem Gedanken machen. Denn wie das Beispiel der Konkurrentin Revolut zeigt, ist die Reputation für ein Geldinstitut auch im Jahr 2019 immer noch von zentraler Bedeutung.