Weil die Rhonestadt als Private-Banking-Hochburg nicht mehr genügend hergibt, müssen sich die noblen Genfer Geldhäuser neuen Gefilden zuwenden – und ziehen gegen Osten.
Jahrzehntelang war Genf ein grosses Aushängeschild des Schweizer Bankwesens. Gerne brüsteten sich die Banquiers privés in der Rhonestadt bisweilen damit, noch viel diskreter zu sein als ihre Deutschschweizer Kollegen.
Legendär ist in diesem Zusammenhang etwa auch die Anekdote von Jacques Darier, einem Vertreter der Bankiers-Dynastie Lombard Odier (Darier Hentsch), der 1985 eine ganze Kundenliste kurzerhand verschluckte, nachdem er 1985 auf einer Geschäftsreise nach Paris von der Polizei angehalten und verhaftet worden war.
Bis heute gilt diese Episode als schillerndes Beispiel für das seinerzeitige Berufsethos einer ganzen Gilde. Darier verstarb 2005, und vor einigen Jahren eliminierte die Genfer Bank die Namen der früheren Teilhaberfamilien Darier und Hentsch aus der Firmenbezeichnung.
Erschwerte Geschäfte
Spätestens seit der globalen Finanzkrise vor zehn Jahren hat sich das ganze Swiss Banking in vielen Belangen dramatisch verändert. Dabei verschwand nicht nur das Schweizer Bankgeheimnis gegenüber dem Ausland, sondern die Behörden weltweit verschärften zahlreiche Gesetze und Bestimmungen, und last but not least setzte sich in der öffentlichen Wahrnehmung der Anspruch auf mehr Transparenz durch, was seither das Bankgeschäft erheblich erschwert.
Die Folgen sind nicht ausgeblieben, wie sich das ganz besonders in Genf zeigt, wo die Geldbranche rund 12 Prozent zur Wirtschaftsleistung beiträgt. In den vergangenen fünf Jahren fielen nicht weniger als 2'400 Arbeitsplätze weg, und die Zahl der Finanzinstitute schrumpfte von 138 auf 104, wie den Angaben der Lobbyorganisation Fondation Genève Place Financière zu entnehmen ist.
Elektroschocks für die Banker
Besonders betroffen war die Rhonestadt auch vom Umstand, dass in den vergangenen Jahren namhafte Auslandsbanken entweder ihre Zelte abbrachen oder übernomnen wurden; sogar Goldman Sachs gab seinen Standort auf, während Lloyds Private Banking oder die Royal Bank of Scotland an stärkere Konkurrenten überging. Vor zwei Jahren spitzte sich die Situation in Genf dermassen zu, dass Yves Mirabaud, der primus inter pares in der gleichnamigen Familienbank, sie mit «Elektroschocks für die Bankiers» verglich, wie auch finews.ch berichtete.
Mirabauds markigen Worte zeigten offensichtlich Wirkung. Denn seither herrscht in der Calvinstadt eine ungeheure Betriebsamkeit – mehr noch: Es herrscht regelrecht Aufbruch gen Osten. Konkret: Eine ganze Reihe renommierter Genfer Institute hat die Deutschschweiz zu ihrem nunmehr bevorzugten neuen Jagdrevier erkoren.
Massive personelle Aufrüstung
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