Auf dem Radar der Standortförderer sind sie noch gar nicht aufgetaucht: Kryptowährungen, die ihren Eigentümern komplette Anonymität versprechen. Wie gefährlich werden sie dem Swiss Banking?
Für eine Zahlungsüberweisung sind das recht ungewöhnliche Requisiten. Radioaktiver Abfall aus Tschernobyl, ein Geigerzähler, ein speziell abgeschotteter Laptop, und nicht zuletzt ein Kleinflugzeug – und das nur für den Zugangscode.
Allerdings ist hier auch von keinem gewöhnlichen Zahlungsmittel die Rede. Wie das Branchen-Portal «Motherboard» berichtete, hatten zwei amerikanische Computer-Wissemschafter die ganzen Utensilien aufgetrieben, um neue Schlüssel für die Kryptowährung Zcash zu besorgen. Damit diese noch sicherer, noch anonymer wird, als sie es bereits ist.
Ein grosses Stück vom Offshore-Kuchen?
Denn just Anonymität ist heute ein rares Gut, gerade auch für Leute, die gut bezahlen können. Mit dem amerikanischen Steuergesetz Fatca und dem automatischen Austausch von Daten (AIA) sind Bankkunden gläsern geworden. Die Schweiz, immer noch der wichtigste Offshore-Finanzplatz weltweit, hat beide Richtlinien umgesetzt und sich der Weissgeld-Strategie verschrieben.
Geld entgegennehmen und schweigen – das ist somit keine Strategie mehr für hiesige Banken. Wohl aber für die Anbieter von Kryptowährungen wie Zcash, Monero oder Dash, welche die moderne Verschlüsselungstechnik absichtlich auf die Spitze treiben.
Zcash etwa verfügt über den Schlüssel «zk-SNARKs», mit dem sich Herkunft, Höhe und Empfänger der Zahlung komplett verbergen lassen. Das macht Zcash & Co laut dem renommierten Krypto-Investmenthaus Greyscale zum « Schweizer Bankkonto in der Westentasche».
Und dafür sieht Greyscale in einem Analysepapier eine gewaltige Nachfrage: Zcash könne bis im Jahr 2025 rund ein Zehntel der auf 10'000 Milliarden Dollar geschätzten Offshore-Vermögen anziehen (siehe Grafik unten). Trifft die steile These zu, müsste hierbei auch das Swiss Private Banking bluten.
Nicht auf dem Radarschirm
In den Bankenhochburgen Zürich und Genf deutet aber noch wenig daraufhin, dass die Super-Kryptowährungen auf dem Radar aufgetaucht sind. Julius-Bär-Chef Bernhard Hodler etwa verglich Investments in Bitcoin & Co kürzlich mit Gambling und brachte damit die Skepsis zum Ausdruck, mit der führende Private Banker das Treiben im Kryptolager beäugen. In grossen Schweizer Geldhäusern wurden Kryptoprojekte schon beerdigt mit der Begründung, dafür gebe es kein Kundeninteresse.
Andernorts ist man diesbezüglich sensibler. «Es gibt bestimmt Personen, die ihre Vermögen über Kryptowährungen anonymisieren wollen», sagt Jan Brzezek gegenüber finews.ch. Der Chef und Mitgründer des Zuger Startup Crypto Finance bietet seinen Kunden die Möglichkeit, in digitale Devisen zu investieren, sie zu handeln und zu verwahren.
Doch Zcash ist nicht im Angebot von Brzezek: «Crypto Finance handelt und investiert nicht in anonymisierte Token und Coins, bei denen die primäre Funktionalität potenziell missbräuchlich genutzt werden kann», erklärt er den Entscheid.
Anfällig für Geldwäscherei
Der schlechte Leumund der komplett anonymisierten Kryptodevisen könnte sich denn auch als wichtigster Stolperstein bei ihrem Aufstieg erweisen. Zcash & Co gelten als anfällig für kriminelle Zwecke – schon beim weniger stark verschlüsselten Bitcoin haben Behörden laut vor Geldwäscherei gewarnt.
«Die Investoren können Zcash & Co wohl auch künftig untereinander handeln, weil Börsen vor diesem Geschäft zurückschrecken. Das verhindert Skaleneffekte», erklärt der Crypto-Finance-Chef. Dass die anonymisierten Devisen einfach so verschwinden, daran glaubt Brzezek aber auch nicht: «Die Volumen und die Bedeutung von Zcash oder Monero werden zunehmen.»