Raiffeisen-Chef Patrik Gisel ist sich der grossen Bedeutung «seiner» Bank für den Schweizer Hypothekarmarkt durchaus bewusst, nennt aber auch die Gründe, die für Sicherheit sorgen.

Am diesjährigen Forum «Vision Bank – Vision Finanzplatz» der Börsenzeitung «Finanz und Wirtschaft» geizte Raiffeisen-Chef Patrik Gisel nicht mit klaren Voten. «Wenn eine Retailbank nicht wächst, ist sie zum Tode verurteilt», lautete zum Beispiel eine seiner Aussagen am (gestrigen) Dienstag in Zürich.

Sein Verdikt ist auf das Kerngeschäft der Raiffeisen, das Hypothekargeschäft, gemünzt. Hier gebe die Bank seit Jahren Vollgas, so Gisel weiter. Dabei ist die Genossenschaftsbank kontinuierlich stärker als der Marktdurchschnitt gewachsen. Und dabei soll es bleiben. «Wir wollen den Markt weiterhin schlagen», lautet die Vorgabe des Raiffeisen-Frontmanns.

Gescheiterte Diversifikation

Unter seinem Vorgänger Pierin Vincenz war Raiffeisen indes bestrebt, die Abhängigkeit von Zinsengeschäft durch Ausbau neuer Geschäftsfelder zu mindern. Das Finanzinstitut schöpft über 70 Prozent der Erträge aus dieser Quelle. In diesem Kontext hat die Bank 2012 die Privatbank Notenstein gekauft. Das Institut bekundet allerdings grosse Mühe, sich im Markt zu behaupten.

Gleichzeitig wollte Vincenz im Asset Management mit dem Kauf diverser Boutiquen einen Pflock einschlagen – ein kompletter Fehlschlag, der im Verkauf von Vescore an Vontobel gipfelte.

Die weitgehend fruchtlos gebliebene Diversifikationsstrategie zwingt Raiffeisen somit, im Hypothekarmarkt weiter Vollgas zu geben, während Banken wie die UBS oder Credit Suisse einen Gang zurückgeschaltet haben.

Genossenschaftliche Aufstellung sorgt für Sicherheit

Heute ist Raiffeisen der unangefochtene Platzhirsch im Schweizer Hypothekenmarkt. Daraus erwächst für Raiffeisen eine besondere Verantwortung hierzulande. Denn sollten die langfristigen Zinsen stärker steigen als erwartet, was mit Blick auf die Vergangenheit nicht ausgeschlossen ist, könnten die Immobilienbesitzer in Refinanzierungsschwierigkeiten geraten – umso wichtiger ist deshalb eine umsichtige Vergabepolitik bei den Hypotheken.

Gisel räumte am «FuW-Forum» wortlich ein: «Mit 17 Prozent Marktanteil sind wir ein potenzielles Risiko für den Markt. Doch unsere genossenschaftliche Aufstellung sorgt für Sicherheit.»

Kritik an die Adresse der Finma

Vor diesem Hintergrund wurde die Genossenschaftsbank 2014 von der Schweizerischen Nationalbank als systemrelevante Bank eingestuft und muss seither zusätzliche Kapitalanforderungen erfüllen. Zudem müssen Too-big-to-fail-Banken glaubwürdige Notfallpläne vorlegen und Vorkehrungen für eine Abwicklung treffen, die im Krisenfall die Fortführung der systemrelevanten Funktionen gewährleisten. 

Gisel seinerseits findet es aber «schräg, nun die ganze Zeit mit der Finanzmarktaufsicht über die Abwicklungspläne der Bank zu reden». Weiter schmeckt dem Konzernchef nicht, dass die fünf systemrelevanten, sehr unterschiedlichen Institute von der Finma regulatorisch über einen Kamm geschoren werden.