In einem Genfer Strafprozess erhält die Credit Suisse Komplimente aus einer unterwarteten Richtung. Für die Schweizer Grossbank sind sie jedoch mit Vorsicht zu geniessen.
«Die Credit Suisse war für mich nicht nur der Inbegriff des Schweizer Bankings, sondern des globalen Finanzsystems.» Das sagte Vitaly Malkin, ehemaliger russischer Senator und Ex-Kunde der so gelobten Schweizer Grossbank am (gestrigen) Mittwoch. Noch mehr: «Die Credit Suisse, das war wie Gott für mich.»
Dieses Lob erweist sich jedoch als doppelbödig. Denn laut der Westschweizer Zeitung «Le Temps» erklärte Malkin weiter: «Nie hätte ich es für möglich gehalten, dass sich diese Bank – über einen ihrer Berater – zu Betrügereien hingibt».
Mehr als 100 Millionen Franken Schadenersatz
Wie sich vor einem Genfer Gericht zeigte, ist Malkin alles andere als gut auf das zweitgrössten Schweizer Geldhaus zu sprechen. Der Russe sagte im Palais de Justice in einem Strafprozess aus, der am vergangenen Montag begonnen hat und für die Credit Suisse (CS) höchst heikel ist.
Wie auch finews.ch berichtete, sitzt in der Rhonestadt ein 54-jähriger Franzose und ehemaliger CS-Angestellter auf der Anklagebank. Dem einstigen Private Banker wird vom Genfer Oberstaatsanwalt Yves Bertossa gewerbsmässiger Betrug, Urkundenfälschung und ungetreue Geschäftsführung vorgeworfen.
Begangen hat der Ex-Banker jene Straftaten an schwerreichen osteuropäischen Kunden der Schweizer Grossbank, die nun Schadenersatzforderungen über 100 Millionen Franken stellen. Sechs Kläger treten am Prozess gegen ihren ehemaligen Berater an. Am bekanntesten unter ihnen ist Bidzina Ivanishvili, Ölmilliardär und ehemaliger Premier der einstigen Sowjetrepubik Georgien.
«Die Bank hat sich nicht einmal entschuldigt»
Und eben auch Malkin, ein Geschäftspartner von Ivanishvili. Obschon sich Ankläger Bertossa explizit auf die Person des Ex-Kundenberaters konzentriert, dreht sich das Verfahren aus Sicht der Geschädigten vorab um die CS. Sie erhoffen sich, aus dem Urteil ein Verschulden der Bank ableiten zu können – und ihre verschwundenen Millionen vom Institut zurückzuholen.
Die CS gab an, vollumfänglich mit der Genfer Staatsanwaltschaft zu kooperieren. Die Grossbank bestätigte überdies, dass der ehemalige Kundenberater gegen interne Vorschriften und Schweizer Recht verstossen und strafbare Handlungen begangen habe, um das Kontrollsystem der Bank zu täuschen.
Die Haltung der osteuropäischen Oligarchen ist dennoch unversöhnlich: «Nicht nur bin ich von der Bank nicht entschädigt worden – die Credit Suisse hat sich auch nie bei mir entschuldigt.»