Der Finanzplatz bleibt einer der wichtigsten Sektoren der Schweizer Wirtschaft – wenn die Rahmenbedingungen stimmen, schreibt Peter Kaufmann von der Bankiervereinigung. Eine neue Studie belegt dies.
Peter Kaufmann ist Leiter Web und Social Media bei der Schweizerischen Bankiervereinigung
Die Beratungsfirma Polynomics hat in einer heute veröffentlichten Studie die volkswirtschaftliche Bedeutung des Finanzplatzes analysiert. Die Studie wurde im Auftrag der Schweizerischen Bankiervereinigung und des Schweizerischen Versicherungsverbandes erstellt.
Finanzplatz könnte das Militär finanzieren
Die Studie kommt zum Schluss, dass der Finanzplatz – trotz den Herausforderungen – einer der wichtigsten Sektoren der Schweizer Wirtschaft bleibt. Das zeigt sich in den massgebenden Kennzahlen zu Beschäftigung, Wertschöpfung und Steuern.
So beschäftigt der Finanzplatz mehr Personen, als der Kanton Basel Stadt Einwohner hat, erwirtschaftet fast jeden zehnten Franken in der Schweiz und generiert so viele Steuern, dass damit praktisch die Ausgaben des Bundes für Verkehr, Landesverteidigung, Landwirtschaft und Ernährung gedeckt werden könnten.
Die folgende Tabelle aus der Studie fasst die Resultate zusammen:
Strukturwandel schreitet voran
Neben dieser Übersicht findet man in der Polynomics-Studie einige weitere bemerkenswerte Fakten. Für den Bankensektor speziell interessant sind meiner Meinung nach die Aussagen zum Strukturwandel. Schon seit mehreren Jahren gehen Experten aufgrund der sich mehrenden Anzeichen davon aus, dass die Banken ihren Eigenfertigungsgrad reduzieren. Das heisst, sie lagern vermehrt Tätigkeiten an Dritte aus.
Die Polynomics-Studie bestätigt nun diese Annahme. Sie zeigt, dass Banken bei relativ konstanten Bruttoproduktionswerten vermehrt Vorleistungen einkaufen. Seit 2006 stieg der Vorleistungsbezug von 35 Prozent auf 48 Prozent im Jahr 2015, wobei sich diese Entwicklung seit 2013 stark beschleunigt hat.
Das heisst nichts anders, als dass die Banken sich im dynamischen Umfeld der Digitalisierung fit für die Zukunft machen. Sie steigern ihre Wettbewerbsfähigkeit, indem sie vermehrt innovative Dienstleistungen extern beziehen.
Mittelfristig optimistisch
Die Polynomics-Studie enthält auch eine Umfrage bei Finanzmarktexperten über die kurz- und mittelfristigen Entwicklungsaussichten. Auch hier findet der andauernde Strukturwandel im Bankensektor seinen Niederschlag.
Die befragten Experten erwarten für die Banken in den nächsten zwölf Monaten einen Anstieg der realen Bruttowertschöpfung von null bis leicht über 1.5 Prozent und gleichzeitig einen Arbeitsplatzabbau von 0.5 Prozent. Das dürfte die Tatsache widerspiegeln, dass sich die Banken mitten in einem Anpassungsprozess ihrer Geschäftsmodelle befinden.
Für die mittlere Frist von fünf Jahren sind zwei Drittel der Experten hingegen verhalten optimistisch. Sie gehen davon aus, dass das Wachstum im Vergleich zur letzten Fünfjahres-Periode höher sein wird. Bei der Arbeitsplatzentwicklung gehen die Meinungen der Experten etwas weiter auseinander. Trotzdem lässt sich die Aussage machen, dass die Finanzplatzexperten für die Banken bei verbesserten Wachstumsaussichten in den nächsten fünf Jahren eine rückläufige Beschäftigtenzahl erwarten. Auch dies stützt die These, dass die Banken ihren Eigenfertigungsgrad verringern und sich fit für die Zukunft machen.
Laut den Experten dürften sich diese Bemühungen auszahlen: Sie gehen mehrheitlich davon aus, dass die etablierten Unternehmen weiterhin die Kundenschnittstelle besetzen werden. Unter der Voraussetzung, dass sie sich der Digitalisierung gegenüber nicht passiv verhalten, sondern schon heute neue Technologien einsetzen und Fintech-Unternehmen einbinden.
Die Bedeutung der Rahmenbedingungen
Was ist notwendig, damit sich diese verhalten optimistischen Aussichten realisieren lassen? Die Antwort der Experten auf diese Frage ist so klar wie banal. Es braucht die richtigen Standortfaktoren. Oder wie wir Verbandsmenschen gerne sagen: «ideale Rahmenbedingungen».