Die Schweizerische Bankiervereinigung hat sich gegen die Zahlungsrichtlinie PSD2 ausgesprochen. Sind die Banken damit gegen Open Banking? fragt Martin Hess von der Bankiervereinigung.
Martin Hess ist Leiter Wirtschaftspolitik bei der Schweizerischen Bankiervereinigung
Zuerst verwirren sich die Worte, dann verwirren sich die Begriffe, und schließlich verwirren sich die Sachen, so ein chinesisches Sprichwort. Wer heute die Stichworte PSD2 und Open Banking liest, kann exakt dieser Verwirrung aufsitzen.
Deswegen versuche ich hier, für ein wenig Klarheit zu sorgen. Treten wir einen Schritt zurück und schauen uns an, wofür die Begriffe eigentlich stehen.
- Open Banking bezeichnet die Öffnung der Banken und das zur Verfügungstellen von Teilen ihrer Kundendaten für Drittanbieter. Open Banking wird in der Schweiz bereits von allen Banken praktiziert. Die Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg) sieht im Open Banking grosses Potential für den Finanzplatz Schweiz.
- Bei der Zahlungsrichtlinie PSD2 handelt es sich hingegen um eine EU-Regulierung, die Banken in der EU dazu verpflichtet, Drittanbietern unentgeltlichen Zugang zu Bankkonten zu gewähren. Diese Regulierung findet in der Schweiz als Nicht-EU-Mitglied keine Anwendung. Die SBVg würde eine analoge staatliche Zwängerei in der Schweiz ablehnen, denn der Markt soll entscheiden, wie Banken und Drittanbieter miteinander Produkte und Dienstleistungen entwickeln.
Auch ohne regulatorischen Zwang
Ich bin davon überzeugt: Open Banking und die damit verbundene Innovation wird sich in der Schweiz auch ohne regulatorischen Zwang durchsetzen. Wenn Drittanbieter neue Dienstleistungen und Lösungen mit einem echten Kundennutzen entwickeln, so wird das eine Nachfrage erzeugen, welche die Banken noch so gern bedienen werden.
Open Banking ermöglicht initiativen Schweizer Finanzinstituten einfachen Zugang zu innovativen und kundenzentrierten Dienstleistungen und somit letztlich Zugang zu neuen Ertragsquellen.
Der Rohstoff für Open Banking
Nicht ausser Acht gelassen werden darf der Kostenaspekt. Ohne Zugriff auf die Kundenkonten und die jederzeitige Gewährleistung der Sicherheit und des Datenschutzes funktioniert Open Banking nicht. In der Regel sind es die etablierten Finanzinstitute, die Zahlungskonten für Kunden flächendeckend bereitstellen, aktualisieren und unterhalten.
Diese Infrastruktur bildet den Rohstoff für Open Banking. Die Vorstellung, wonach Drittanbieter diesen Rohstoff jederzeit und ohne Kostenfolgen beziehen können – und ihren Endkunden Gebühren für ihre eigenen Dienstleistungen verrechnen — ist wirtschaftlich fragwürdig. Genau das verlangt aber PSD2 zum Nachteil der Banken.
Open Banking par excellence
Wenn die SBVg nun einen gesetzlichen Zwang zur unbeschränkten und unentgeltlichen Öffnung der Schnittstelle ablehnt, kann ich eine «Absage an die Zukunft» beim besten Willen nicht erkennen.
Aus meiner Sicht ist das Gegenteil der Fall: Banken engagieren sich für innovative Lösungen und integrieren sie zum Vorteil ihrer Kunden in ihre Angebotspalette, zum Beispiel mit der Verknüpfung von Buchhaltungssoftware mit e-Banking oder auch mit Twint. Für mich ist das Open Banking par excellence.