Die EU zwingt ab 2018 die Banken, ihre Kundenschnittstellen für Drittanbieter zu öffnen. Die Direktive gilt als zukunftsweisend für die Entwicklung offener Plattformen. Die Schweiz will nicht mitmachen.
Die sogenannte PSD2-Zahlungsdirektive der EU sorgt für viel Zündstoff. Die Payment Services Directive 2 sorgt dafür, dass im kommenden Jahr die EU-Banken ihre Kundenschnittstellen für Drittanbieter öffnen. Damit könnten Fintechs oder branchenfremde Technologieanbieter theoretisch an Konto- und Kundeninformationen gelangen.
PSD2 ist darum umstritten, doch gilt sie insbesondere unter den innovativen Bankern als zukunftsweisend für das Open Banking: Diese sehen einen Finanzdienstleister als eine Plattform, die ihr Dienstleistungs- und Produkteangebot dank offener Schnittstellen beliebig auch mit Hilfe von Drittanbietern erweitern kann und in diesem Sinne dem Kunden auch den besten Service liefern kann.
Klare Ablehnung
In der Schweiz hat PSD2 bereits zu Auseinandersetzungen geführt. Einzelne Institute wie die Hypothekarbank Lenzburg oder die Postfinance stehen dem Open Banking sehr aufgeschlossen gegenüber. Doch die Mehrheit ist skeptisch.
Dieser Mehrheit hat die Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg) nun in einem Positionspapier eine Stimme gegeben. Die SBVg lehnt PSD2 – das heisst eine durch die Schweiz erfolgende analoge Regulierung – ab.
Die Gründe der SBVg für ihre Ablehnung sind:
- Es bestehe kein Handlungsbedarf, da die Schweizer Banken bereits zahlreiche innovative Lösungen anbieten. Ein regulatorischer Zwang zur Öffnung würde zu Wettbewerbsverzerrungen zuungunsten der Banken führen.
- PSD2 würde nicht primär Startups helfen, sondern den globalen Tech-Giganten. Diese (und andere) hätten quasi unbeschränkten Zugang zu Kundendaten und -informationen. Das sei gefährlich und öffne neue Sicherheitslücken.
- Für die Banken würden zusätzliche Kosten entstehen, was Sicherheit und Compliance betrifft, die der Kunde zu bezahlen hätte.
Problem: Screen Scraping
Grundsätzlich kritisiert die SBVg, dass PSD2 noch offene Diskussionspunkte aufweise. So sei die Form der Datenbeschaffung noch nicht geregelt. Die EU-Kommission liegt hier im Clinch mit der European Banking Authority (EBA) über das sogenannte Screen Scraping – die Datenbeschaffung über Schnittstellen.
Während die EU-Kommission diese Form der Datenbeschaffung erlauben will, möchte die EBA eine separate Schnittstelle mit starker Kundenauthentifizierung einrichten. Die liesse sich aber erst per Mai 2019 umsetzen, wodurch eine Lücke entstehe.
Grosse Gefahren für Datenschutz
Die Bankiervereinigung hält PSD2 für ein «wirtschaftliches Experiment» mit grossen Gefahren im Bereich Sicherheit und Datenschutz.
Zum Beispiel stelle sich die Frage, ob die Zahlungsauslösedienste den vollen Zugang zum elektronischen Bankkonto erhielten, so die SBVg. Dies würde bedeuten, dass diese Dienstleister auch zu allen Bankkonten und -depots der elektronischen Kundenbeziehung Zugang hätten.
Kein Zwang, sondern Markt
Die SBVg will keinen regulatorischen Zwang, sondern marktgerechte Lösungen – ohne PSD2. Schweizer Banken seien bereits innovativ, sie böten E-Banking, im Jahr 2019 werde der Einzahlungsschein mit QR-Code eingeführt die mobile Bezahl-App Twint ermögliche den Kunden bereits Zahlungen direkt ab Konto.
Ausserdem könnten Banken von sich aus Schnittstellen öffnen, was bereits geschehe, beispielsweise für Buchhaltungsprogramme.
Der Kunde wird schlussendlich bestimmen
Die SBVg hat in ihrem Positionspapier somit valable Argumente für PSD2 – oder ein für die Schweiz analoges Regularium – hervorgebracht.
Was die Bankiervereinigung hingegen vernachlässigt, ist die Sicht der Kunden: PSD2 ist recht eigentlich nicht eine zusätzliche Regulierung, sondern eine wegweisende Öffnung des Banking – die ohnehin geschehen wird.
Mit der Etablierung des Open Banking werden Bankkunden Zugang zu neuen Formen von Dienstleistungen, Produkten und Anbietern erhalten, womit sich auch Ansprüche und Bedürfnissen ändern und steigern werden.
SBVg sollte Institute auf die Zukunft einschwören
Ob Banken mit geschlossenen Systemen gegen diese vom Markt angestossenen Veränderungen im Alleingang bestehen können, wird sich zeigen. Die SBVg täte gut daran, ihre 296 Mitgliederinstitute auf die Zukunft des Open Banking einzuschwören, anstatt sich hinter Argumentarien bezüglich lösbaren Problemen wie Kunden- und Datenschutz zu verschanzen.
Eine analoge Einführung von PSD2 in der Schweiz mag dafür nicht unbedingt notwendig sein. Jedoch ein gesunder Geist für Innovationen, Neuerungen und eine Kundschaft, welche die neuen Technologien anwenden wird – sei es bei ihrer Traditionsbank oder bei neuen Anbietern.