Das Zinsgeschäft ist für die meisten Schweizer Banken die wichtigste Einnahmequelle. Doch der Druck auf die Marge steigt unverdrossen. Die einzelnen Institute reagieren unterschiedlich darauf.
Mehr Hypotheken als Mittel gegen die sinkende Zinsmarge; dieses Rezept wenden viele Schweizer Kreditinstitute seit einiger Zeit an. Und bislang ist die Rechnung für die meisten Banken aufgegangen – dank tatkräftiger Mithilfe der Schweizerischen Nationalbank (SNB).
Um den Franken zu schwächen, haben die SNB-Währungshüter die Leitzinsen über die Zeit in den negativen Bereich gedrückt und damit einen Immobilienboom in der Schweiz ausgelöst, der seinesgleichen sucht.
Doch nun zeigt sich, dass dieser Mechanismus ins Stocken gerät.
Haupteinnahmequelle unter Druck
So hat die Raiffeisen-Gruppe, mit einem Marktanteil im Hypothekargeschäft von fast 20 Prozent die Leaderin hierzulande, in ihrem jüngsten Halbjahresbericht eingeräumt, dass die sinkende Zinsmarge nicht komplett durch die Volumenausweitung wettgemacht werden könne.
So ähnlich klingt es auch bei anderen, schweizweit tätigen Instituten wie die Migrosbank und Valiant oder auch bei der Berner Kantonalbank.
Das muss zu denken geben: Denn für diese und viele andere Schweizer Kreditinstitute ist das Geschäft mit Hypotheken die Haupteinnahmequelle. Bis zu drei Viertel der Erträge werden daraus gespiesen. Und dies könnte sich für die Banken zunehmend zum Klumpenrisiko entwickeln, sollte die Zinsmarge weiter unter Druck geraten – wovon die allermeisten Häuser ausgehen.
Befreiung aus dem Zinsdilemma
Die Kreditinstitute schlagen unterschiedliche Strategien ein, um sich aus dem Zinsdilemma zu befreien. finews.ch hat sie zusammengetragen.
1. Ausweitung des Marktgebiets
Viele Kantonal- und Regionalbanken vergeben fast ausschliesslich in ihrem Marktgebiet Hypotheken. Doch in manchen Gebieten, allen voran in den sogenannten Hotspots rund um den Zürich- und Genfersee, ist der Platz für neue Immobilienprojekte knapp geworden.
Die Banken kommen somit nicht umhin, ihr Marktgebiet auszudehnen. Als Pionier erweist sich dabei die Glarner Kantonalbank, die mit ihren Online-Kanal, dem Hypomat, schweizweit Hypotheken vergibt. Sie tut das ziemlich erfolgreich, wie der letzte Halbjahresbericht zeigt.
2. Neue Hypothekenprodukte
Um mehr Kunden anzulocken, zeigen sich gewisse Banken auch erfinderisch: So hat die Regionalbank Solothurn eine Kinder-Spar-Hypothek begeben. Pro Kind «schenkt» die Bank dem Kunden den Hypothekarzins für ein Jahr. Das Angebot berücksichtigt maximal drei Kinder.
Sowohl bei solchen «Lockvogelangeboten» als auch die Marktausweitung (Punkt 1) gilt es, die Vergabekriterien nicht zu ritzen. Sonst drohen bei einem allfälligen Zinsanstieg höhere Kosten für Wertberichtigungen auf den Ausleihungen.
3. Andere Ertragspfeiler stärken
Steht das Kerngeschäft nachhaltig unter Ertragsdruck, müssen andere Ertragspfeiler stärker werden. Die Raiffeisen-Gruppe beispielsweise baut derzeit das Firmenkundengeschäft aus. Eine weitere, von einigen Banken verfolgte Option ist, das Anlagegeschäft zu stärken, wie dies die Hypothekarbank Lenzburg oder die Graubündner Kantonalbank tun.
Der Schweizer gilt allgemein als unterinvestiert, entsprechend gross ist das Potenzial. Allerdings bedingt dies, dass die Banken entsprechende Kapazitäten aufbauen, was wiederum Kosten mitsichbringt.
4. Neue Ertragsquellen
Die Abhängigkeit vom Kerngeschäft lässt sich auch durch die Öffnung neuer Ertragsquellen mildern. Dies versucht beispielsweise die Hypothekarbank Lenzburg mit ihrem bankeigenen Kernbankensystem Finstar, das sie als Service-Plattform an Drittbanken lizenziert.
5. Günstigere Refinanzierungsmittel
Der Druck auf die Zinsmarge kann schliesslich auch durch sogenannte Covered Bonds abgefedert werden. Solche, mit Hypotheken besicherte Anleihen will die Valiant im vierten Quartal 2017 emittieren, wie auch finews.ch berichtete.