Das japanische Finanzhaus meldet sich nach der Integration verschiedener Geschäftseinheiten von Lehman Brothers als meinungsbildender Player zurück.
Die finanzielle und politische Lage in Asien bessert sich, und die Region wird im Mittelpunkt der globalen Machtverschiebung von West nach Ost stehen.
Dies sind die zentralen Erkenntnisse der Studie «The Ascent of Asia», die in Zusammenarbeit zwischen Nomura und dem Ökonomen John Llewellyn (Bild) durchgeführt wurde. Die Studie zeigt, dass die makroökonomischen Daten und die politischen Massnahmen nach der Finanzkrise der Region zu einer schnellen Erholung verholfen haben und auch mittelfristig stark zu ihrem Wachstum beitragen werden.
Gibt es Nachfrage in der Region?
«Die wirtschaftlichen Aussichten Asiens auf mittlere Sicht sind gut. Ausserdem verfügt die Region über ein enormes Angebotspotenzial», erklärt John Llewellyn. «Ob Asien dieses Potenzial voll ausschöpfen kann, wird davon abhängen, ob die Region eine nachhaltige Nachfrage schaffen kann – und vor allem eine nachhaltige Struktur.»
China und Indien werden als Länder ausgemacht, die sehr gute Voraussetzungen haben, um von den günstigen Wachstumsbedingungen zu profitieren. Dieses Wachstum ist jedoch im Wesentlichen von den makro-, struktur- und handelspolitischen Entscheidungen der politischen Verantwortlichen abhängig.
Politische Herausforderungen
Die Studie sagt China ein kräftiges und ausgewogeneres Wachstum voraus. Allerdings steht das Land aufgrund seiner rapiden Entwicklung auch vor zahlreichen und drängenden politischen Herausforderungen. So sind die Internationalisierung des Renminbi und die Schaffung einer effizienten Sozialversicherung entscheidende Voraussetzungen für ein anhaltendes Wachstum in China. Die Binnennachfrage dürfte künftig einen stärkeren Beitrag zum wirtschaftlichen Wachstum leisten, was angesichts der jüngsten Verlangsamung der globalen Nachfrage nach Chinas Exporten ungemein wichtig ist.
Indien verfügt nach wie vor über ein erhebliches Wachstumspotenzial und hat mittelfristig alle Chancen. Nach Schätzungen von Nomura könnte das BIP-Wachstum in der kommenden Dekade auf 10 Prozent pro Jahr steigen, wenn die politischen Verantwortlichen ihre Investitionen in die Infrastruktur und ihre harten Strukturreformen fortsetzen. Angesichts des rapide wachsenden Angebots an Arbeitskräften in Indien und der hohen Sparquote wird argumentiert, dass das Land über die Grundvoraussetzungen verfügt, um sich zu einer Wirtschaftsmacht zu entwickeln.
Rückgang der arbeitsfähigen Bevölkerung
Japan hat von allen OECD-Ländern den schwersten Abschwung erlebt, allerdings ist die Angebotssituation im Land nicht so kritisch wie häufig angenommen. Die Studie zeigt auf mittlere Sicht eindeutige Wachstumshindernisse für Japan auf, vor allem wegen des Rückgangs der arbeitsfähigen Bevölkerung und des steigenden Haushaltsdefizits. Darin liegen die Probleme für die japanischen Politiker und letztlich auch für die Staatsfinanzen des Landes.
Der Bericht zeigt jedoch auch einen enormen Produktionsfaktor auf, dessen Potenzial bisher zu wenig genutzt wird, und der bei voller Verwertung die japanische Wirtschaft bis 2020 auf dem aktuellen Niveau halten könnte: die weibliche Bevölkerung des Landes.
Innerasiatischer Handel wird zentral
Auch die kleineren asiatischen Volkswirtschaften werden voraussichtlich kräftig wachsen, da das regionale Wachstum nicht mehr hauptsächlich von den Exporten in den Westen abhängt, sondern die Nachfrage aus der Region einen zunehmend höheren Stellenwert einnimmt. Zusammen steuern die kleineren Volkswirtschaften in Asien rund 6 Prozent zum weltweiten BIP bei.
Den Analysen von Nomura zufolge kommt der Liberalisierung des Aussenhandels und dem zunehmenden innerasiatischen Handel eine besondere Bedeutung zu. Diese beiden Faktoren werden die Geschwindigkeit und die Natur der wirtschaftlichen Entwicklung der Region massgeblich beeinflussen. Gemäss der Studie können die kleineren asiatischen Staaten durch den Handel untereinander wachsen und sich aus ihrer weitgehenden Abhängigkeit von der westlichen Nachfrage lösen.
Gefahr protektionistischer Massnahmen
Beruhigend am wirtschaftlichen Potenzial von Asien ist, dass es nicht zulasten der westlichen Volkswirtschaften geht. Allerdings erhöht sich die Gefahr protektionistischer Massnahmen in wichtigen Industriesektoren, die Verstimmungen hervorrufen könnten. «Im Westen herrscht vereinzelt Angst vor dem Aufstieg Asiens. Eine reiche Region hat ihren Nachbarn jedoch mehr zu bieten als eine arme Region. Die Herausforderung für die westlichen Volkswirtschaften wird darin bestehen, sich an die veränderte Situation anzupassen, um dadurch von den Chancen zu profitieren, die das dynamische Wachstum Asiens bietet», erklärt Llewellyn.
Die Studie schliesst mit dem Fazit, dass es den asiatischen Entscheidungsträgern nicht leicht fallen wird, ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum sicherzustellen. Allerdings sind die Chancen enorm, und Asien stehen alle Möglichkeiten offen.