Der deutsche Ökonom Norbert Walter über seine Anlagestrategie, die Rolle der Banken und die Wahrscheinlichkeit von Währungskrisen.
Bis Ende 2009 war Norbert Walter Chef-Ökonom der Deutschen Bank. Seit diesem Jahr ist er theoretisch im Ruhestand, tritt aber weiterhin häufig an Podien auf, gibt eifrig Interviews, schreibt ein Buch mit dem Thema «Europäische Beiträge für eine vernünftige Weltordnung» und berät mit seinem eigenen Start-up andere Unternehmen.
Seit je ist er bekannt für seine klaren Aussagen, so auch in einem neuen Interview mit dem Schweizer Anlegermagazin «payoff». Darin sagt er zur Rolle der Banken: «Finanzinstitute müssen an erster Stelle wieder verlässlicher Partner fürihre Anleger sein. Dazu gehört, dass nur noch Geschäfte abgeschlossen werden, die dem Kunden auch über den kurzen Horizont hinaus Freude machen. Nur so bleibt auch das Bankgeschäft nachhaltig ertragreich.»
Bernanke: konservativ und verlässlich
Ob die Finanzkrise wirklich überstanden ist, weiss auch Walter nicht genau. Das Schlimmste liege wohl hinter uns, sagt er, aber die weitaus komplizierteren Aufgaben kämen erst noch. Derzeit lebten viele Institute von Staats- oder Zentralbankengeld. Wenn diese Drogen abgesetzt würden und engere Regulierungsvorschriften gälten, werde man sehen, ob die Finanzkrise tatsächlich überstanden sei.
Bezüglich der Zinsentwicklung und dem Quantitative Easing sagt Walter: «Sollte ein schwacher Dollar weiterhin den Euro stärken, wird es vorerst keinen Handlungsbedarf für die EZB geben. Das Fed beginnt seinen Ausstieg im späten Frühjahr 2010. Bernanke ist ein verlässlich konservativer Zentralbanker.
Währungskrise am ehesten in Südamerika
Mit einer Währungskrise rechnet Walter am ehesten in Südamerika. «Hier sind die Reserven noch immer relativ gering und die enge Bindung an den Dollar sorgt derzeit für intrinsische Schwäche. Hinzu kommt, dass die Bürger mit den Erfahrungen der vergangenen Jahre weiterhin ein hohes Misstrauen gegenüber der eigenen Währung haben.»
Selber investiert Norbert Walter in sein Start-up, in den Euro und kauft selektiv Beteiligungswerte im Bereich Energieeffizienz.