Die amerikanische Botschafterin in der Schweiz kritisierte diverse hiesige Banken, dass diese keine US-Kunden mehr bedienen würden. Die Rüge wirkt angesichts des Steuerstreits deplaziert.
Es ist ein Schreiben, dass die Adressaten wohl mit Hochgenuss an die Presse durchsickern liessen. Wie die Schweizer «Handelszeitung» in einer Vorabmeldung berichtete, verschickte die US-Bortschafterin in der Schweiz, Suzan LeVine, jüngst einen Brief an diverse hiesige Banken.
Darin beklagte sich die Vertreterin der USA in der Schweiz, dass Schweizer Banken amerikanische Kunden hierzulande vor die Türe gesetzt hätten. «Viele US-Bürger haben mir gegenüber ihre Sorgen ausgedrückt, dass ihnen der Zugang zu Bankdienstleistungen in der Schweiz fehle», so LeVine.
Schlechtes Timing
Wie weiter berichtet wird, hatte LeVine auch gleich einige Ratschläge für das Swiss Banking parat. Der Brief schliesst damit, dass die Botschafterin ein Treffen vorschlägt, um «das Regelwerk und die Prozesse der Bank» im Umgang mit US-Kunden zu diskutieren.
Laut der «Handelszeitung» ist das Schreiben an zahlreiche hiesige Institute ergangen, darunter auch an die Migros Bank und mindestens ein Geldhaus, das noch auf eine Steuerbusse aus Washington wartet. Entsprechend ungünstig erscheint das Timing des Schreibens aus Schweizer Warte – dem Bericht zufolge hat es auch schon für einige Irritation in der Branche gesorgt.
Mehrere Dutzend Banken waren dieses Jahr noch mit der Beendigung des US-Programms zur Beilegung des Steuerstreits mit den USA beschäftigt, was in aller Regel mit einem Schuldeingeständnis und einer Bussenzahlung endete.
Diese Institute mussten sich ausserdem zu zukünftigem Wohlverhalten gegenüber Amerika verpflichten.
Steuerstreit ist noch nicht zu Ende
Und noch immer warten mehrere so genannte Kategorie-1-Banken, gegen die in den Staaten ein Strafverfahren wegen Verletzung von US-Steuergesetzen eröffnet wurde, auf den Abschluss ihres Verfahrens. Dazu zählen bedeutende Institute wie die Zürcher und die Basler Kantonalbank sowie die Genfer Privatbank Pictet.
Doch nicht nur wegen des Timings wirkt die Kritik LeVines deplaziert. Zwar trifft es durchaus zu, dass sich zahlreiche Schweizer Banken auf der Höhe der Unsicherheiten im Steuerstreit recht rüde von US-Kunden trennten. Ab mit Schaden, mochte vielerorts die Devise gewesen sein.
Rechnung geht nicht mehr auf
Doch heute ist es nicht mehr allein die nackte Angst, die Schweizer Banker davon abhält, Kunden anzunehmen. Vielmehr sind im Geschäft mit US-Kunden schlicht neue Realitäten eingekehrt.
Und die wichtigste Realität lautet: Das mit US-Gesetz konforme Banking mit jener Klientel ist so teuer geworden, dass sich die Betreuung der wohl eher vermögenden, denn schwerreichen 20'000 US-Expats in der Schweiz nicht mehr lohnt. Kommen die Unwägbarkeiten mit dem US-Steuervogt dazu, dann geht die Rechnung hiesiger Bank-Chefs erst recht nicht mehr auf.
Scharf auf US-Kunden
Was nicht heisst, dass sie gar keine US-Kunden mehr betreuen würden. In der Schweiz sind rund 40 speziell für dieses Geschäft lizensierte Einheiten aktiv, die meisten grossen Vermögensverwalter verfügen über solche Dienste. Nur eben: Die sind dem Geschäft mit reichen Privatkunden vorbehalten. Damit sich der Aufwand rechnet.
Ebenso sind diverse Schweizer Vermögensverwalter aktiv dabei, das Onshore-Geschäft vor Ort in den USA zu entwickeln, wie auch finews.ch berichtete. Kurz: Die Schweizer Banken sind durchaus an US-Kunden interessiert. Nur eben nicht so, wie sich das Botschafterin LeVine vorstellt.