Eine saudische Milliardenerbin hat mit ihrem Unternehmen bei der Credit Suisse viel zu sagen – und kennt sich im Bankfach erst noch bestens aus.
Die Credit Suisse (CS) hat in den letzten Jahren viel unternommen, um sich nach aussen hin das Image einer frauenfreundlichen Bank zu verleihen. So holte die Bank seit der Finanzkrise mit Iris Bohnet und Seraina Maag zwei weitere Frauen in der Verwaltungsrat. Bereits Einsitz hatte Noreen Doyle.
Ausserdem gehört die Amerikanerin Pamela Thomas-Graham seit 2010 in wechselnden Chargen der Geschäftsleitung an.
Doch da ist noch eine andere Frau, die zwar in keinem Governance-Report der CS aufraucht, aber bei Bedarf massiv Einfluss auf die Geschicke des Instituts nehmen kann: Lubna Olayan (Bild), Erbin des 1947 gegründeten saudischen Konglomerats Olayan und damit eines Firmen- und Beteiligungsnetzes, für das weltweit nicht weniger als 15'000 Personen arbeiten.
Zu diesem Netz gehört auch die CS – die Olayan Gruppe hält dort mit einem Aktienanteil von 6,7 Prozent die meisten Stimmrechte.
Verborgene Milliarden
Um die 59-jährige Lubna kommt beim Konglomerat mit Hauptsitz in Athen kaum jemand herum. Als eines von vier Kindern des Firmengründers Suliman lenkt sie den Heimmarkt von Olayan, die Region Naher Osten. In die Leitung des Unternehmens berufen wurde sie in den 1980er-Jahren übrigens von ihrem Vater persönlich – und ist seither eine der ganz wenigen Frauen in Top-Positionen in der patriarchalisch geprägten saudischen Wirtschaft.
Und während ihr Bruder Khaled als Präsident der Gruppe fungiert, ist Lubna deren Aushängeschild – sie und ihre Schwester Hutham, welche die Besitztümer des Clans in Nord- und Südamerika verwaltet.
Abgesehen von ihren wenigen öffentlichen Auftritten wie etwa am WEF im schweizerischen Davos hält sich Lubna aber strikt im Hintergrund – so wie ihre Geschwister. Auf den Reichsten-Rankings dieser Welt erscheinen die Olayans nirgends. Dies, obwohl die Agentur «Bloomberg» kürzlich errechnete, dass sie bei einem geschätzten Wert des Konglomerats von 10 Milliarden Dollar allesamt Milliardäre sein müssen.
Nie auf Konfrontationskurs
Zurückhaltend ist das Auftreten der Olayan Gruppe auch bei ihren Investments, zumal bei der CS. Das mag historisch bedingt sein: Ab den 1960 Jahren kaufte das saudische Konglomerat weltweit Aktienpakete zusammen, weil es nur mit diesen Titeln als Sicherheit Kredit von westlichen Banken erhielt. Die Saudis traten damit als reine Finanzinvestoren auf.
Auch bei der CS trug Olayan nie mit einem öffentlichen Dissens zum Kurs des Instituts auf. Vielmehr machten die Saudis klaglos diverse Kapitalbeschaffungs-Massnahmen mit, um die Eigenmitteldecke der Grossbank nach der Finanzkrise zu stärken.
Dennoch darf nicht davon ausgegangen werden, dass Olayan brav jeden Vorschlag des CS-Verwaltungsrats um Urs Rohner abnickt. Schon gar nicht die Milliarden-Erbin Lubna: Die Managerin, die in den USA ein MBA absolvierte und mit dem Amerikaner John Xefos verheiratet ist, kennt sich nämlich im Bankfach bestens aus.
Start bei J.P. Morgan
So startete sie ihre Karriere als Analystin bei der US-Investmentbank J.P. Morgan in New York. Im Jahr 2004 wurde sie dann als erste Frau in den Verwaltungsrat einer saudischen Firma gewählt, der Saudi Holland Bank.
An jenem Finanzinstitut hielt Olayan übrigens schon damals 20 Prozent – ein weiteres Indiz dafür, dass den Wünschen des saudischen Clans meistens schnell entsprochen wird.