Das französische Geldinstitut Oddo schnappte Vontobel die deutsche Meriten weg. Nun erklärt Oddo-Chef Nicolas Chaput gegenüber finews.ch exklusiv, wie er den Coup von langer Hand vorbereitete, und warum dieser Deal Vontobel bald doppelt schmerzen könnte.
«Vontobel nimmt den Verkauf der Meriten Investment Management an eine Drittpartei zur Kenntnis. Die Gespräche zwischen Vontobel und Bank of New York Mellon gelten damit als beendet.»
Mit diesem dürren Statement beerdigte die Zürcher Bank Vontobel am vergangenen Dienstag ihre Ambitionen, die deutsche BNY-Mellon-Tochter Meriten Investment Management zu übernehmen.
Selbst für Vontobel völlig überraschend, hatte die französische Oddo Asset Management nur Stunden zuvor die Übernahme von Meriten verkündet.
Zwischen alten Bekannten
Indes, dieser Sieg Oddos war von langer Hand vorbereitet worden. «Oddo & Cie hat die Verhandlungen mit BNY Mellon Ende letzten Jahres aufgenommen», erklärt Nicolas Chaput (Bild), CEO von Oddo Asset Management, gegenüber finews.ch. «Die Bank suchte eine Lösung für Meriten Investment Management und hat uns kontaktiert.»
Dabei half es, dass man sich von früher her kannte. Meriten hatte bis 2006 zur WestLB-Gruppe gehört; 2010 verkaufte WestLB wiederum die französische Privatbank Banque d'Orsay an Oddo & Cie.
Lange unsicher
Oddo mochte damit bei Meriten einen Vorsprung haben. Dennoch konnten sich die Franzosen ihres Sieges lange nicht sicher sein.
«Wir vermuteten, dass weitere Bieter im Rennen sind. Deren Identität blieb jedoch geheim», berichtet Chaput weiter. «Unserer Meinung nach haben wir den Zuschlag erhalten, weil wir ein hohes Engagement für die Transaktion zeigten und unser Unternehmen Meriten gut ergänzt.»
Ein deutsch-französischer Champion
Vontobel ging damit leer aus – und Chaput kann sich freuen: «Mit der Übernahme von Meriten Investment Management hat sich für uns ein Traum erfüllt.» Oddo will nun gemäss weiteren Angaben die Akquisition nutzen, um zum führenden Asset Manager in den beiden wichtigsten Märkten der Eurozone aufzusteigen – in Deutschland und in Frankreich.
In Deutschland profitiert Oddo dabei besonders von der starken Verankerung von Meriten im institutionellen Bereich: Deutsche Banken, Versicherer und Pensionsfonds machen 95 Prozent der Klientel der Düsseldorfer Anleihen-Spezialistin aus.
Eine ideale Ergänzung für die Franzosen, die bisher in Frankfurt bloss ein schmalbrüstiges Vertriebsteam unterhielten. Und ein klarer Fingerzeig darauf, warum Vontobel so auf Meriten erpicht war: Auch die Zürcher wollen nämlich das Geschäft mit den Institutionellen forcieren.
Vorstoss mit neuen Flaggschiffen
Daraus wird nun nichts. Noch schlimmer: Vontobel bekommt bald die vereinte Vertriebskraft des neu entstandenen deutsch-französischen Champions Oddo Meriten sogar auf dem Heimmarkt zu spüren.
«Die Übernahme von Meriten soll helfen, unseren Fussabdruck in der Schweiz markant zu vergrössern», verspricht Oddo-CEO Chaput. So hofft er, dass die hiesigen Privatbanken die demnächst von Genf aus vertriebenen Flaggschiff-Fonds von Oddo Meriten Asset Management zu schätzen wissen.
Ehrgeizige Pläne in der Schweiz
Derweil sollen die Schweizer institutionellen Kunden, die für Anleihen-Anlagen ein besonderes Flair haben, von der erweiterten Expertise des neuen Unternehmens in diesem Bereich profitieren.
«Die Schweiz ist für Oddo Asset Management bereits der drittwichtigste Markt mit rund 1 Milliarde Franken an verwalteten Kundengeldern», betont Chaput. Und er ist durchaus zuversichtlich, dass es nicht bei dieser Milliarde bleiben wird.