Rund 60 Prozent der Bankkunden konsultieren heute das Internet, bevor sie ein Finanzprodukt kaufen. Das machen sie zunehmend an mobilen Geräten. Diesem Kundenverhalten sind jedoch zahlreiche Finanzinstitute nicht gewachsen.
«Um eine optimale Darstellung auf allen Endgeräten zu gewährleisten, werden neben der traditionellen Homepage auch Versionen mit geringerer Auflösung und vereinfachten Inhalten benötigt – so genannte mobile Webseiten. Wie unsere Untersuchung bei 50 Schweizer Banken aufzeigt, verfügen noch lange nicht alle Finanzinstitute über solche mobile Webseiten», stellt Andreas Dietrich (Bild links) fest. Er ist Professor am Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ. Immer mehr Personen nutzen das Internet nicht nur stationär an einem Desktop-PC, sondern auch mobil auf Tablets und Smartphones.
Die unterschiedlichen Bildschirmformate der einzelnen Geräte verlangen eine geräteabhängige Optimierung des Webseiten-Designs (Responsive Design).
Unterschiedliche Versionen nötig
Darunter versteht man die automatische Anpassung einer Webseite und deren Inhalte an die Eigenschaften des zugreifenden Endgeräts. Eine Homepage für Desktop-PCs sollte anders gestaltet sein als jene für Smartphones, da Desktop-PCs unter anderem eine höhere Auflösung und mehr Plug-Ins zur Verfügung stehen.
Aus diesem Grunde hat sich in den vergangenen Jahren der Trend durchgesetzt, auf unterschiedliche Endgeräte zugeschnittene Versionen von Webseiten zu erstellen, um die Benutzerfreundlichkeit auch auf mobilen Geräten zu gewährleisten.
Mobile Webseiten bei Schweizer Retailbanken
Aus diesem Grunde haben sich Dietrich und der wissenschaftliche Mitarbeiter Christoph Duss (Bild links unten) entschieden, die Verfügbarkeit mobiler Webseiten bei den 50 grössten Schweizer Retail Banken (gemessen an der Bilanzsumme 2013) zu analysieren. Ihre Erhebung haben sie in der zweiten September-Woche durchgeführt.
Die beiden Fachleute legen Wert darauf, dass die Qualität der mobilen Webseiten, also welche Funktionen sie bieten, und welche Informationen darauf zu finden sind, nicht Teil dieses Vergleichs war.
Vielfach Darstellungsprobleme
Knapp zwei Drittel (30 Institute) aller untersuchten Banken verfügen über eine mobile Webseite. Bei den restlichen Instituten (20 Banken) wird man auf die traditionelle Homepage geleitet, was vielfach Darstellungsprobleme mit sich bringt – insbesondere Textgrösse und -länge sind auf Smartphones problematisch.
Als Gegenargument zur Erstellung einer mobilen Webseite werde oft die Verfügbarkeit einer App aufgeführt, sag Dietrich. Mobile Webseite und App könnten jedoch nicht als perfekte Substitute betrachtet werden, sondern sollten komplementär angeboten werden.
Acht Institute haben gar nichts
Während eine App typischerweise klassische und oftmals repetitive Banking-Aufgaben abdecke (etwa Kontostand überprüfen, Zahlungen tätigen), werde die Webseite vielfach zur Beschaffung von allgemeinen Informationen über das Institut und deren Produkte verwendet (zum Beispiel Öffnungszeiten, Filialnetz, Zinsen), erklärt Dietrich weiter.
Wie sich gezeigt habe, würde die Mehrheit jener Banken ohne mobile Webseite als Alternative eine App anbieten. Nur acht Institute verfügten weder über eine mobile Webseite noch über eine App, unterstreicht Dietrich.
Untersuchte Schweizer Retailbanken, sortiert nach Bilanzsumme 2013
(Quellen: IFZ, Banken-Websites, iTunes)
Inhalte einer mobilen Webseite
Auf Grund der eingeschränkten Darstellungsmöglichkeiten auf Tablets und Smartphones lasse sich eine grafische sowie textliche Vereinfachung der Inhalte kaum vermeiden, sagt Dietrich. «Oberstes Ziel einer mobilen Webseite sollte folglich ein einfacher und schneller Zugriff auf die wichtigsten Informationen mit einem portablen Gerät sein.
In jedem Fall sollte die Bank ihre Inhalte den spezifischen Kundenbedürfnissen anpassen – eine Analyse der meistaufgerufenen Webseiten ihrer traditionellen Homepage kann erste Hinweise darauf geben», betont der Retailbanking-Experte Dietrich.
Dietrichs Fazit
Die Einführung von mobilen Webseiten bei Schweizer Retail Banken kann nach den Worten Dietrichs noch lange nicht als Standard angesehen werden – nur knapp zwei Drittel der 50 untersuchten Institute würden eine mobile Webseite unterhalten.
Das oftmals genannte Gegenargument, dass eine App als Ersatz genüge, greife zu kurz, da mobile Webseite und App keine perfekten Substitute, sondern eher als komplementär zu betrachten seien, sagt Dietrich. Der Aufbau von mobilen Webseiten sei abhängig von den angebotenen Informationen und Diensten nicht ganz günstig.
In Anbetracht der grossen und zunehmenden Bedeutung der Online-Suche über das Smartphone sei eine solche Investition allerdings sehr sinnvoll, kommt Dietrich zum Schluss.