Fondsmanager John Bennett von Henderson Global Investors nimmt kein Blatt vor den Mund, wenn er seine Meinung über die Banken äussert. In seiner 26-jährigen Karriere hat er allerhand gesehen. Trotzdem investiert er noch in Finanzinstitute.
Der gebürtige Schotte, der 17 Jahre als Fondsmanager im Dienst des Asset Managers GAM war und mittlerweile bei Henderson Global Investors eine Art Star-Status geniesst, steht so ziemlich quer in der Finanzlandschaft. Selber bezeichnet er sich als überzeugten Contrarian und pflegt dieses Image mit Inbrunst.
Für Bennett haben Anlagen in Schwellenländern sowie in Rohstoffen ihren Zenit überschritten. «Sie sind dem Untergang», sagt der Fondsmanager im Gespräch mit finews.ch und meint weiter: «Wenn von Super-Zyklen die Rede ist, ist es höchste Zeit, zu verkaufen.» Tatsächlich erachtet Bennett die jüngsten Zerfallserscheinungen an der Börse als Vorboten einer grösseren Korrektur in den nächsten Monaten.
Parallelen zur Finanzkrise
Dabei zieht Bennett Parallelen zur Situation vor dem Ausbruch der Finanzkrise vor nunmehr sechs Jahren: Anfang 2007 gerieten wie erinnerlich die ersten Hedge-Funds in Schieflage, und bald darauf musste die amerikanische Investmentbank Bear Stears in einer Notaktion gerettet werden.
«Rund 18 Monate später markierte der Untergang der Investmentbank Lehman Brothers den Tiefpunkt der Finanzkrise», sagt Bennett. Unter diesen Prämissen plädiert er nun dafür, die derzeitigen Schwächeanzeichen als Warnung zu verstehen und aus den zuletzt erfolgreichen Anlageklassen (Emerging Markets, Rohstoffe, Gold, Anleihen) resolut auszusteigen respektive Gewinne mitzunehmen.
Totale Inkompetenz
Von den Banken zeichnet Bennett ein ambivalentes Bild. Die Verantwortlichen der meisten Finanzhäuser hätten kaum Lehren aus der Finanzkrise gezogen. «Noch immer nehmen die Banken das Geld ihrer Kunden, mischen es mit viel Fremdkapital – leverage – und spekulieren damit», sagt Bennett.
Er verweist dabei auf die deutsche Commerzbank und attestiert den dortigen Verantwortlichen «totale Inkompetenz», weil sie es selbst nach etlichen Kapitalerhöhungen nicht geschafft hätten, das Unternehmen auf den Erfolgspfad zurückzubringen.
So gesehen sei die Commerzbank für alle Investoren eine Enttäuschung. Aber auch mit dem anderen grossen Kreditinstitut Deutschlands, der Deutschen Bank, geht Bennett hart ins Gericht: «Sie verfügt immer noch über zuviel Fremdkapital.»
Abschätzige Äusserungen
Angesprochen auf die abschätzigen Äusserungen ehemaliger Banker der Anglo Irish Bank meint der Henderson-Mann: «Es liegt offenbar in der Natur der Banker, dass sie sündigen, lügen und unbelehrbar bleiben.»
Wie erinnerlich hatte Anglo-Irish-Chef David Drumm im Zuge der Finanzkrise die EU-Hilfe für sein Institut ins Lächerliche gezogen, wie erst vergangene Woche publik geworden war. Dies hatte europaweit für einen Sturm der Entrüstung gesorgt.
Banken mit Kurspotenzial
Trotzdem hat Bennett als Investor die Bankbranche nicht ganz aufgegeben. Potenzial sieht er vor allem bei den skandinavischen Banken, der belgischen KBC Group, der Bank of Ireland und der Banco Santander und – bei der UBS. Er vertraut den Verlautbarungen der UBS-Manager, wonach das Investmentbanking zu Gunsten der Vermögensverwaltung redimensioniert werden soll.
«Die Quersubventionierung der Investmentbanker war keine gute Sache. Wenn es nun anders wird, ist das sicherlich zu begrüssen», sagt Bennett, der die UBS-Titel als «Kernanlage» in seinem Fonds bezeichnet. «Vielleicht haben zumindest diese Manager etwas aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt», sagt der Anlageexperte.
Ewige Rückkehr zum Mittelwert
Bennett verwaltet den umgerechnet gut 1,5 Milliarden Franken schweren «Henderson Gartmore Continental European Fund» sowie fünf weitere Fonds. In seinen Anlageentscheiden orientiert sich Bennett stark an den Wendepunkten in den Börsenzyklen, zumal er ein Verfechter der «Mean-Reversion-Strategie» ist, wonach die Märkte stetig zu Übertreibungen neigen, die nach einer gewissen Zeitperiode wieder korrigieren, also zum «Mittelwert» zurückkehren.
Laut Bennett befindet sich die Börse nun wieder an einem solchen Wendepunkt. Denn nachdem die Zentralbanken über die letzten 18 Monate die Märkte mit Liquidität überflutet hätten, sei dieses Geld auf der Suche nach Rendite an immer exotischere Orte gelangt, erklärt er und verweist etwa auf Staatsanleihen aus Sambia und Ruanda mit Coupons von 5 bis 7 Prozent.
Aufgeschreckte Anleger
Wie die letzten Wochen zeigten, habe nur schon die Andeutung, dass das Quantitative Easing der Amerikaner mittelfristig ein Ende finden könnte, die euphorischen Anleger extrem aufgeschreckt. Auch das deutet gemäss Benett auf einen Wendepunkt hin.
Bennett betont in diesem Zusammenhang, dass die Zentralbanken heute glaubten, mit ihrer Geldpolitik eine Rezession verhindern zu können. Das sei jedoch eine Illusion. Wirtschaftliche Auf- und Abschwünge gehörten zu den Wirtschaftszyklen und seien absolut normal.
Wachstum korrelliert nicht mit Börse
Allerdings sieht der Henderson-Mann nicht alles schwarz, vor allem, weil er nicht der Meinung ist, dass das Wirtschaftswachstum in einem Land mit der jeweiligen Börsenentwicklung korreliere. Auch da erweist sich Bennett als ausgesprochener Contrarian.
In diesem Zusammenhang weist er beispielsweise darauf hin, dass (das Schwellenland) China in den letzten zehn Jahren zwar ein stolzes Wirtschaftswachstum hingelegt, aber die Börse wesentlich bescheidener darauf reagiert habe. «In Europa war es gerade umgekehrt», stellt Bennett weiter fest.
Unter diesen Prämissen favorisiert der Fondsmanager weiterhin europäische Aktien. «Denn sie werden von vielen Anlegern immer noch verschmäht», sagt Bennett. Neben den erwähnten Bankenwerten gefallen ihm auch Pharma- sowie Technologieaktien.