Thomas Minder engagiert sich heftig gegen goldene Handshakes und Fallschirme. Vielleicht müsste er sich einem neuen Begriff zuwenden: «Ersatzzuteilungen». Ein Beispiel.
Es war offenbar ein teures Engagement. Wie dem UBS-Geschäftsbericht für 2012 zu entnehmen ist, erhielt Andrea Orcel – alles in allem – 24,86 Millionen Franken.
Genauer: Ihm wurden UBS-Aktien im Wert von 18,5 Millionen Franken zugesprochen – sowie eine aufgeschobene Barvergütung von 6,34 Millionen US-Dollar. Macht addiert rund 24,6 Millionen Franken. Nicht erwähnt dabei sind Grundsalär und Boni für die zweite Jahreshälfte 2012.
Orcel war im Juli letzten Jahres von der Bank of America/Merrill Lynch zur UBS gekommen, damals als Co-CEO der Investmentbank; seit November fungiert er als Allein-CEO der Division.
Dafür musste die UBS eine Art Ablösesumme leisten. Denn sie hatte ihrem neuen Mann die aufgeschobenen Vergütungen und Nebenleistungen bei der BofA zu ersetzen – diese entfielen wegen der Kündigung. Die Gelder und die Aktien bildeten also «Ersatzzuteilungen», so der Begriff.
Freikauf statt Golden Handshakes
Als «Rainmaker» bei einer der grössten Investmentbanken Amerikas hatte Andrea Orcel – so ist den Zahlen zu entnehmen – eine enorme Summe angesammelt. Die UBS selber schreibt dazu im Geschäftsbericht: «Grundsätzlich sind wir bestrebt, solche Ersatzzuteilungen zu den Bedingungen der vom früheren Arbeitgeber gebotenen Zuteilungen zu gewähren, die bei einem Wechsel zu UBS verfallen. Wegen seiner verantwortungsvollen Aufgaben bei BAC (Bank of America) verzeichneten seine Vergütungen hohe Aufschubfristen.»
Allerdings bekommt Orcel die Zuwendungen nicht sofort: Sie werden in Tranchen bis 2015 fällig.
Bei der UBS erinnert eine Sprecherin daran, dass dasselbe Prinzip auch umgekehrt funktioniert: Wenn ein Spitzenmann die Bank verlässt, entfällt die Auszahlung vieler aufgeschobener Vergütungen.
Bemerkenswert ist nun ein anderer Aspekt: Das Phänomen hat sich in den letzten Jahren akzentuiert – und zwar auf Druck der Regulatoren und der Öffentlichkeit, die durch aufgeschobene Vergütungen das Risikobewusstsein und das Langfristdenken der Banker fördern wollten.
Wie sich nun zeigt, entstand nebenbei ein System, bei dem die «Golden Handshakes» (also Antrittszahlungen ohne Grund) ersetzt werden durch eigentliche Freikauf-Summen.
Und im Fall Orcel deutet sich an: Gerade durch die mitlaufenden Vergütungspakete werden die Lohn-Niveaus der US-Wirtschaft um den Erdball weitergetragen.