In einem Interview nimmt der Privatbankier Thierry Lombard kein Blatt vor den Mund und kritisiert, dass sich die Hochfinanz zu wenig kritisch hinterfragt habe.

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Imagepflege hätten heute wohl alle Banken nötig, denn ein grosser Teil der Bevölkerung verstehe das Metier der Bankiers nicht mehr, erklärt der Genfer Thierry Lombard (Bild) in einem Interview (online nicht verfügbar) in der aktuellen Ausgabe der «Handelszeitung».

Auf die Frage, woran das liege, erwidert er: «Einige Banker haben in den letzten Jahren genügend Dummheiten angestellt, um unseren ganzen Berufsstand in Verruf zu bringen.» Der 64-jährige Thierry Lombard ist geschäftsführender Teilhaber von Lombard Odier Darier Hentsch & Cie.

Viele Kollegen jetzt ratlos

Lombard räumt auch ein, dass die Schweizer Banken über Jahrzehnte hinweg von sehr guten Rahmenbedingungen in der Schweiz profitiert hätten. «Nur deshalb konnten wir so erfolgreich sein», sagt der Genfer unerwartet selbstkritisch.

Mit dem lang währenden Erfolg habe es die Bankbranche jedoch verlernt, sich selber und ihre Arbeit kritisch zu hinterfragen. «Darum sind viele Kollegen ratlos, seit es nicht mehr so läuft wie früher», sagt Lombard.

Kumulation an Schocks

Auf die Frage, was genau schief lief, sagt der Genfer: «Wahrscheinlich die Risikokontrolle. In den letzten zehn Jahren gab es eine ganze Kumulation an Schocks im globalen Finanzsystem. Und weil man die Risiken zuvor falsch eingeschätzt hatte, verloren viele Bankkunden schliesslich mehr Geld als sie zuvor gewonnen hatten.»

Lombard bringt es noch weiter auf den Punkt, wenn er erklärt: «Das Verständnis kam der Branche abhanden. Oder anders gesagt: Die hohen Verluste, die in den letzten Jahren mancherorts entstanden, sind der beste Beweis dafür, dass die Finanzindustrie ihre Risiken nicht mehr im Griff hatte.»

«Das lässt sich nicht rechtfertigen»

Die Ursache für diese Nachlässigkeiten in der Branche führt Lombard auf falsche Anreizsysteme zurück. Als er in den siebziger Jahren bei Lombard Odier zu arbeiten begonnen habe, seien die Löhne in der Industrie im Durchschnitt gleich hoch wie im Finanzsektor gewesen; 30 Jahre später, also kurz vor Ausbruch der Finanzkrise, seien die Gehälter in der Bankbranche mindestens viermal höher gewesen.

«Dieses Verhältnis lässt sich nicht rechtfertigen. Es ist auch vermessen, zu glauben, man könne Milliarden einsparen, indem man einfach 4'000 Mitarbeiter auf die Strasse stellt. Das ist geradezu zynisch», kritisiert Lombard unmissverständlich die Politik der Schweizer Grossbanken, die in diesem Jahr entsprechende Sparpläne lanciert haben.

Geld so süss wie Honig

Mit Blick in die Zukunft glaub Lombard, dass die Löhne in der Branche sinken, da die Banken gar nicht mehr so viel bezahlen können. «Viele Geschäfte werden auf Grund der verschärften Gesetze und Vorgaben rein kostentechnisch gar nicht mehr möglich sein, insbesondere im Investmentbanking», sagt der Genfer, der die sechste Generation des 1796 gegründeten Bankhauses repräsentiert.

Auf die Frage, was er davon denke, dass letztlich eine kleine Gruppe von Bankmanagern die ganze Branche in Verruf gebrächt habe, antwortet Lombard: «Wenn Sie einen Honigtopf auf eine Wiese stellen, dauert es nicht lange, bis ein ganzer Schwarm von Bienen darum herum fliegt. So war es auch mit den Verheissungen aus der Finanzwelt. Das Geld war so süss wie Honig.»