Peer Steinbrück gefährde mit seinen abfälligen Äusserungen auch viele Jobs von Deutschen, schreibt Bernd Kramer von der «Badischen Zeitung».
Bernd Kramer ist Ökonom und langjähriger Wirtschaftsredaktor der «Badischen Zeitung» in Freiburg im Breisgau.
Eigentlich ist der studierte Volkswirt ein begnadeter Politiker: Er gehört zu jener kleiner werdenden Schar von Mandatsträgern und Parteienvertretern, die dank ihres rhetorischen Talents allein mit gut gewählten Worten Debatten in die gewünschte Richtung lenken können. Dies, gepaart mit der Fähigkeit, komplexe Sachverhalte rasch zu durchdringen und publikumswirksam mitteilen zu können, macht Steinbrück zu einem aussergewöhnlichen Darsteller auf der ansonsten eher tristen Berliner Politbühne.
Allerdings hat es Steinbrück zuletzt zu weit getrieben. Ein Witz auf Kosten anderer ist noch akzeptabel. Wer jedoch immer wieder in die gleiche Kerbe haut, vermittelt seinen Gegnern den Eindruck, man wolle sie erniedrigen.
Aussagen der Erniedrigung
Als Erniedrigung werden die Aussagen des Ministers der derben Sprüche mittlerweile in Ländern wie der Schweiz, Österreich und Luxemburg auch aufgefasst. Selbst ein Freund Deutschlands wie der Luxemburger Regierungschef Jean-Claude Juncker liess seinem Ärger freien Lauf, nachdem Steinbrück diese Staaten auf eine Ebene mit Entwicklungsländern wie Burkina Faso gestellt hatte.
Dabei hätte es Steinbrück gar nicht nötig, den Konflikt immer wieder anzufachen. Ein lascher Umgang mit Steuerhinterziehern und die fehlende Kooperationsbereitschaft bei der Verfolgung solcher Vergehen, ist nicht sonderlich populär.
Vorurteil des arroganten Deutschen bestätigt
Die mächtigen USA machen Druck - ohne dabei auf zweifelhafte Vergleiche zurückzugreifen. Auch die Franzosen stützen im Kern das Vorgehen des Finanzministers. Mit dem am Donnerstag im deutschen Bundestag diskutierten Gesetz zum Kampf gegen die Steuerhinterziehung wird Steinbrück in Zukunft über ein noch grösseres Drohpotenzial verfügen, um seine Kontrahenten auf Linie zu bringen.
Die Randbemerkungen des Politikers vergrössern jedoch nur den Widerstand dieser Länder gegen jegliche Abkommen in seinem Sinne. Ausserdem bestärken sie das Vorurteil des arroganten Deutschen, das gerade in der Schweiz weit verbreitet ist.
Peer Steinbrücks Selbstverliebtheit
Nordlicht Steinbrück unterschätzt auch die Rolle, welche die Schweiz für den südwestlichen Zipfel der Bundesrepublik spielt. Ohne die Jobs in der Nordwestschweiz ginge es den Menschen in Südbaden schlechter. Die deutschen Beschäftigten in der Schweiz tragen dank ihrer Qualifikation erheblich zum Schweizer Bruttosozialprodukt bei.
Diese für beide Seiten vorteilhafte Situation gründet auf einer soliden Partnerschaft zwischen der Schweiz und Deutschland. Sie sollte nicht Peer Steinbrücks Selbstverliebtheit zum Opfer fallen.