Die Idee für das Geschäftsmodell des unabhängigen Vermögensverwalters Swisspartners ist auf einem einzigen Bierdeckel entstanden. Inzwischen ist das Unternehmen dreissig Jahre alt. CEO Markus Wintsch erinnert sich an die wichtigsten Entwicklungsschritte und sagt im Interview mit finews.ch: «Es wäre vermessen, wenn ich behaupten würde, alles lief immer wie geschmiert.»
Herr Wintsch, Swisspartners feiert sein 30-jähriges Bestehen. Wie hat alles begonnen?
In der ersten Hälfte der 1990er-Jahre machte sich ein Trend in der Schweizer Finanzbranche bemerkbar: Zahlreiche Kundenberaterinnen und -berater von Banken etablierten sich als selbständige Vermögensverwalter. Mit diesem Schritt erhofften sie sich einen grösseren unternehmerischen Gestaltungsfreiraum und mehr Zeit für ihr Hauptanliegen – den direkten Kontakt zum Kunden.
So erging es auch den drei Bankern Martin P. Egli, Dirk van Riemsdijk und Rainer Moser, die sich vom Studium oder von der Arbeit bei der Cantrade Bank (SBG, später UBS) kannten. «Wir waren alle drei in Management-Positionen und entfernten uns immer weiter von der Kundschaft», hat mir Martin Egli einmal gesagt. Mit der Gründung wollten sie sich wieder auf das Kundengeschäft fokussieren, weil dies bei den grossen Banken in ihren Augen zu sehr unter der Bürde administrativer Aufgaben litt.
Dann ging offenbar alles sehr schnell…
Dirk van Riemsdijk, Martin P. Egli und Rainer Moser (von links; Bild: Christian Meixner)
Genau. Wie unbeschwert die Gründer und ihre zwei Assistentinnen ans Werk gingen, äussert sich auch darin, dass sie ihr Geschäftsmodell auf einem Bierdeckel skizzierten. Das war im November 1992; die drei Partner erwarben einen Aktienmantel und liessen sich am Schanzengraben in der Zürcher Innenstadt nieder, wo wir auch bis heute domiziliert sind.
«Ich wurde Mitarbeiter Nummer sechs»
Die eigentliche Geschäftstätigkeit nahmen sie Anfang 1993 auf. Die Gründungspartner verfügten das kritische Volumen an Kundengeld und entsprechend langjährige Erfahrung in der Betreuung wohlhabender Mandantinnen und Mandanten.
Wann sind Sie dazugestossen?
Das war im März 1995. Ich wurde Mitarbeiter Nummer sechs, war 27 Jahre alt und arbeitete bei der damaligen Schweizerischen Bankgesellschaft (SBG, heute UBS) in der Vermögensverwaltung. Gewiss hätte ich auch in der Bank vielversprechende Karriereperspektiven gehabt, trotzdem reizte mich diese einmalige Chance, zumal die Firmengründer ihr Übriges taten, um mich endgültig zu überzeugen. Ich habe es nie bereut, obschon ich im selben Jahr auch ein vielversprechendes Angebot der Zuger Partners Group, die damals ebenfalls ganz am Anfang stand, erhalten hatte.
Wie konnte sich Swisspartners gegenüber der Konkurrenz etablieren?
Wir haben damals nur klassische Vermögensverwaltungsmandate angeboten, also Strategien umgesetzt mit wenigen Anlagekatergorien. Derivate, Hedgefonds, Private Equity oder strukturierte Produkte waren noch wenig verbreitet. Wir haben uns damals vorgenommen, Private Banking als bankenunabhängige Gesellschaft für unsere vermögenden Privatkunden neu zu positionieren.
Kennzeichnend für die damalige Zeit war sicherlich, dass wir Kundinnen und Kunden aus zahlreichen Ländern betreuten. Das war damals möglich, weil es viel weniger regulatorische Einschränkungen und Bestimmungen als heute gab. Wir betrieben ein opportunistisches Geschäftmodell.
«Rund 20 Prozent unserer Kundschaft ist in den USA ansässig»
Dank unserem Gründungspartner Dirk van Riemsdijk hatten wir einen beträchtlichen Anteil an holländischen Klienten und Rainer Moser verantwortete vorwiegend die Betreuung von deutschen Klienten. Heute pflegen wir einen gesunden Mix an schweizerischen und westeuropäischen Kundinnen und Kunden. Rund 20 Prozent unserer Kundschaft ist in den USA ansässig.
Im Jahr 2001 übernahmen sie die Leitung des Partnerausschusses und wurden damit sozusagen CEO von Swisspartners. Welche Prioritäten haben Sie von da an gesetzt?
Mir war klar, dass wir – nicht zuletzt aufgrund von äusseren Faktoren wie der Digitalisierung, der Globalisierung, aber auch der zunehmend komplexeren Regulation – unser Geschäft einerseits klarer fokussieren und andererseits auch neue Geschäftsbereiche erschliessen mussten, um so der Kundschaft einen umfassenderen Service bieten zu können, welcher mehr Bedürfnisse abdeckt.
Was bedeutete das konkret?
Wir haben schrittweise begonnen, Dienstleistungen wie Steuerberatung, Treuhand-Services, Nachfolgeberatung- und planung, Immobilien-Dienstleistungen sowie Versicherungslösungen in unsere Servicepalette aufzunehmen. Das bedeutet für uns zweifelsohne einen Wettbewerbsvorteil gegenüber unseren Mitbewerbern.
Gab es rückblickend auch Entwicklungen, die Sie bereuen?
Aber sicher, das gehört zum Unternehmertum. Es wäre vermessen und auch nicht wahr, wenn ich behaupten würde, alles lief immer wie geschmiert. Wir haben beispielsweise zu wenig Durchhaltewillen im Aufbau des spanischen Markts bewiesen, vielleicht auch, weil wir zu wenig fokussiert investiert haben; auch den Marktaufbau in Italien haben wir im Zuge der Steueramnestie «verschlafen».
Rückblickend bereue ich auch, dass wir ziemlich am Ende der Dotcom-Blase einen Tech-Fonds aufgelegt haben, der später mit substanziellen Verlusten geschlossen wurde. Ausserdem haben wir unsere Beteiligung, die wir seinerzeit als Starthilfe zur Gründung von Fisch Asset Management geleistet haben, im Jahr 2001 viel zu früh wieder verkauft. Denn bis heute ist dieses Unternehmen exzellent positioniert und höchst erfolgreich.
Ihre Erfahrungen mit der US-Justiz dürften auch kein Ruhmesblatt in Ihrer Firmengeschichte sein.
Im Gegenteil! Da haben wir tatsächlich alles richtig gemacht. Als der Steuerstreit zwischen der US-Justiz und den Schweizer Banken ausbrach, wurde uns sehr schnell klar, dass sich dieser Konflikt auch auf unabhängige Vermögensverwalter ausdehnen würde, die US-Kundinnen und -Kunden betreuten.
«Diese Erwartungen haben sich nie richtig erfüllt»
Und weil das bei uns der Fall war, haben wir sehr rasch eine Selbstanzeige bei der US-Justiz eingereicht und konnten in Folge mit einer einmaligen Zahlung die Angelegenheit bereinigen. Wir haben unsere US-Kundinnen und -Kunden bei ihrer steuerlichen Bereinigung gegenüber den US-Behörden aktiv begleitet und dadurch viel Anerkennung erhalten.
Im Jahr 1999 beteiligte sich die Liechtensteinische Landesbank (LLB) zunächst mit 20 Prozent an Swisspartners und baute diesen Anteil bis auf 70 Prozent aus. Wollten Sie aufhören?
Nein. Sowohl die LLB als auch wir haben uns von diesem Schulterschluss eine grössere Marktdurchdringung und zusätzliche Vertriebsmöglichkeiten erhofft. Allerdings haben sich diese Erwartungen nie richtig erfüllt, so dass wir als Partner sowie mit Hilfe zweier Privat-investoren die LLB-Beteiligung von rund 70 Prozent 2015 wieder zurückgekauften.
Von ursprünglich fünf Mitarbeitenden ist das Unternehmen mittlerweile auf 110 Beschäftigte gewachsen, die 5 Milliarden Franken an Kundenvermögen verwalten. Wie wollen Sie in Zukunft das Unternehmen ausrichten?
Wir haben uns im Zuge unserer Angebotserweiterung im vergangenen März mit zwei Unternehmen zusammengeschlossen: Zum einen die NRS Treuhand sowie die in Rapperswil domizilierte Firma Decimo Immobilien. Damit bauen wir unser Angebot für die in der Schweiz domizilierte Kundschaft breiter aus.
«Die Liste potenzieller Kundenbetreuerinnen und -betreuer war noch nie so lang und vielversprechend wie jetzt»
Gleichzeitig denke ich aber auch, dass unsere Branche durch die verschärften Regulatorien sowie durch den Rückzug von Auslandsbanken und auch durch die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS in eine «neue Welt» vorgestossen ist, die – sofern man sich unternehmerisch klar positioniert – enorme Chancen bietet.
Das müssen Sie uns noch etwas genauer erklären?
Für unabhängige Vermögensverwalter, die kein klares, überschaubares Geschäftsmodell besitzen, wird die Zukunft schwierig; es braucht heute Strukturen und eine kritische Grösse um eine langfristige Wachstumsstrategie zu fahren. Das Verschwinden der Credit Suisse eröffnet Chancen, sowohl kunden- als auch personalseitig. Die Liste potenzieller Kundenbetreuerinnen und -betreuer war noch nie so lang und vielversprechend wie jetzt. Solche personellen Wachstums-möglichkeiten werden auch zur Verjüngung unseres Unternehmens führen.
Wie beurteilen Sie den CS-Showdown im vergangenen März?
Ich habe die Ereignisse an dem Wochenende natürlich mitverfolgt. Zum einen ist es sicherlich ein bemerkenswerter Leistungsausweis, was die involvierten Parteien für den Schweizer Finanzplatz in kurzer Zeit ausverhandelt haben, selbst wenn damit noch nicht alle Themen vom Tisch sind.
«Das zeugt doch von einem enorm grossen Vertrauen in unser Bankensystem»
Ich finde es jedoch auch erwähnenswert, dass rund fünf Monate nach der historischen Ankündigung im vergangenen März, die Transaktion in der breiten Öffentlichkeit bereits «gegessen» ist und man quasi zum «courant normal» zurückgekehrt ist. Das zeugt doch von einem enorm grossen Vertrauen in unsere Finanzinstitutionen und letztlich auch in unser Bankensystem.
Wo setzt Swisspartners nun die Prioritäten für die nächsten 30 Jahre?
Wir haben mit den jüngsten Transaktionen in den Bereichen Treuhand und Immobilien die besten Voraussetzungen für eine umfassende Betreuung von wohlhabenden Kundinnen und Kunden sowie deren Unternehmungen geschaffen.
Wir sind in der Lage, diese Klientel weit über das klassische Private Banking hinaus in vielen vermögensspezifischen Fragen zu beraten. Denn der Fokus liegt heute in einer ganzheitlichen Sicht aller Vermögenswerte und den damit verbundenen Anforderungen in Steuer-, Treuhand-, Versicherungs- und Immobilien-Belangen. Idealerweise alles digital.
Markus Wintsch startete seine berufliche Karriere in der Finanzbranche 1992 bei der damaligen Schweizerischen Bankgesellschaft (SBG, heute UBS) in der Vermögenverwaltung. Im März 1995 wechselte er zu Swisspartners, wo er 2001 die Leitung des Partnerausschusses übernahm und damit zum CEO der Gruppe avancierte. Diese Funktion hat er bis heute inne.