Der Bieterstreit um die Schweizer Fondsfirma hat mit dem zweiten öffentlichen Angebot ein neue Stufe erreicht. Doch die Aktionäre sollten nicht vergessen, dass GAM bereits von einem früheren Gebot lebt.
Die Aktionäre von GAM haben seit dem heutigen Dienstag erstmals die Qual der Wahl. Die Investorengruppe rund um die Westschweizer Gesellschaften NewGAMe und Bruellan hat ein öffentliches Angebot für bis zu 28 Millionen Aktien lanciert, das insgesamt 15,4 Millionen Franken wert ist.
Damit bietet die Investoren-Allianz einen leicht besseren Preis als die britische Firma Liontrust, welche per Aktientausch alle ausstehenden Aktien der Schweizer Fondsfirma übernehmen und GAM anschliesssend ins eigene Geschäft integrieren möchte. Die erste Angebotsfrist der Liontrust-Offerte hat bereits begonnen und endet am 28. Juli.
NewGAMe und die mit der Gesellschaft verbündeten Investoren stellen sich gegen das Gebot der Briten; sie favorisieren einen Turnaround des Asset Managers aus eigener Kraft.
Exit gegen Barzahlung
Mit ihrer öffentlichen Teil-Offerte will die Investoren-Allianz drei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Erstens würde sie zur grössten Aktionärin von GAM aufsteigen. Dank dem Teilangebot bliebe die Fondsfirma dabei an der Schweizer Börse SIX kotiert, während drittens ausstiegswilligen GAM-Aktionären ein Exit gegen Barzahlung geboten würde.
Findet das NewGAMe-Gebot bei den bestehenden Eigentümern von GAM Anklang, wäre dies wohl aber hoch problematisch für das Fondshaus. Denn dieses «lebt» bereits jetzt von einem Kredit im Gegenwert von 20 Millionen Franken, den die Bieterin Liontrust GAM als integralen Teil ihres Übernahmeangebots zur Verfügung gestellt hat. Dies war dringend nötig, weil sich die Liquidität von GAM im vergangenen Jahr dramatisch verschlechtert hat – das Unternehmen wurde deshalb vom Revisor als «going concern» eingestuft.
Kredit kann zurückgezogen werden
Mit anderen Worten: GAM hat die Ehe mit Liontrust schon vollzogen, noch bevor sie geschlossen ist. Vergangene Woche hatte die Schweizer Fondsfirma nochmals auf die Bedeutung des Liontrust-Kredits hingewiesen. Kommen die Briten mit ihrem Angebot bei den GAM-Aktionären nicht durch, werden sie den Kredit vollständig zurückziehen. «In diesem Fall bestünde die Gefahr einer sofortigen Unsicherheit für das weitere Geschäft», warnte GAM damals.
Für die Anleger, die noch dabei sind und längerfristige Pläne rund um GAM hegen, wäre dies wohl das Killer-Kriterium. Das operative Funktionieren des Unternehmens wäre gefährdet, und die Fondsprofis, die den eigentlichen Wert des Asset Managers ausmachten, würden sich anderweitig nach einer Stelle umsehen. Für GAM wäre dies dann vermutlich nicht ein «New game», sondern «Game over».