Hätten wir tatsächlich solide Fiat-Währungen, gäbe es keinen wirklichen Investment-Case für Bitcoin oder Gold. Aber wir befinden uns in einem Geldsystem, das alles andere als gesund sei, sagt Ronald-Peter Stöferle vom Liechtensteiner Vermögensverwalter Incrementum im Interview mit finews.ch.
Herr Stöferle, Incrementum hat gemischte Gold- und Bitcoin- respektive Krypto-Fonds aufgelegt. Was verbindet die beiden Asset-Klassen?
Bei mehr als 19'000 Krypto-Coins gilt es klar zwischen Bitcoin und dem Rest zu unterscheiden. Im Krypto-Universum ist viel Schrott dabei, 99 Prozent der Coins werden verschwinden.
Bei Bitcoin dagegen steigt die Stärke des Netzwerks von Tag zu Tag. Bitcoin als eine monetäre Technologie, als ein monetäres Upgrade unseres Systems hat viele Ähnlichkeiten zum Gold. Satoshi Nakamoto, der Schöpfer von Bitcoin, hat Gold, unser Geld- und das Finanzsystem sehr gut verstanden.
Inwiefern?
Hätten wir tatsächlich solide Fiat-Währungen, gäbe es keinen wirklichen Investment-Case für Bitcoin oder Gold. Aber wir befinden uns in einem System, das alles andere als gesund ist.
«Im Endeffekt ist der Bitcoin aber nach wie vor ein brutales Risk-on-Asset»
Insofern wird das Argument für ein Investment in Bitcoin und Gold immer stärker. Bei beiden Anlageklassen besteht eine relative Knappheit. Sie haben eine hohe Stock-to-Flow-Ratio. Diese Kennzahl beschreibt, in welchem Verhältnis das existierende Angebot eines Rohstoffs zu dessen Förderung steht.
Bitcoin wird zudem mit jedem Halving immer härter. Das Konzept, zwei alternative monetäre Anlageklassen in einem Fonds zu kombinieren, schätzen unsere Investoren.
Der Bitcoin wird oft als Gold 2.0 und als Inflations- und Rezessionsschutz angepriesen. Ist der Begriff des digitalen Goldes nach dem diesjährigen Crash noch angebracht?
Ich denke, schon. Im Endeffekt ist der Bitcoin aber nach wie vor ein brutales Risk-on-Asset. Er korreliert mit der Risikoneigung. Gold hat einen 5’000 Jahre alten Leistungsausweis.
«Der Bitcoin hat dem Gold in den vergangenen Jahren etwas die Show gestohlen»
Bitcoin dagegen steckt immer noch in einer Sturm-und-Drang-Phase, er wächst heran. Speziell auch im institutionellen Bereich hat sich zuletzt vieles für den Bitcoin zum Besseren verändert. In Zukunft könnte der Bitcoin immer mehr zu einem Risk-off-Investment reifen. Momentan ist er das aber definitiv nicht.
Fliessen jetzt die Gelder, die in den vergangenen Jahren oft in Bitcoin & Co gesteckt wurden, wieder vermehrt ins Gold zurück?
Der Bitcoin hat dem Gold in den vergangenen Jahren etwas die Show gestohlen. Aber das war in erster Linie medialer Natur. Mit Blick auf die Geldflüsse stelle ich hier keinen zentralen Faktor für die Goldpreisentwicklung fest.
Die Käuferschichten sind sehr unterschiedlich. Bitcoin-Käufer sind tendenziell jünger und technologieaffin. Sie machen sich aber oft Gedanken über unser Geldwesen. Viele Krypto-Anleger, die den Bitcoin verstanden haben, entdecken dann plötzlich auch Gold.
Ist Gold im Zeitalter der Digitalisierung noch zeitgemäss? Spricht Gold die Generation Z überhaupt noch an?
Mit dem Alter wird man zusehends konservativer und weniger risikoaffin. Junge Bitcoin-Anleger können beim Älterwerden überzeugte Bitcoin- und Gold-Halter werden. Was sich im Zeitablauf bewährt hat, wird wahrscheinlich weiter bestehen.
«Gold ist nicht dazu da, schnell reich zu werden»
Das sieht man etwa an der Renaissance der alten Vinyl-Schallplatten, die auch bei jungen Menschen heute wieder hip sind. Dieser sogenannte Lindy-Effekt lässt sich beim Gold und beim Bitcoin sehr gut beobachten. Ich sehe auch keine grosse Konkurrenz zwischen diesen beiden Anlageklassen. Bitcoin und Gold sind Brüder im Geiste.
Wie beurteilen Sie Gold-besicherte Krypto-Token wie Paxos Gold oder Tether Gold
Paxos hat sich von der Liquidität her gemausert, Tether Gold verfolge ich zu wenig. Bei vielen anderen dagegen bin ich eher skeptisch aufgrund der geringen Liquidität und teilweise nicht überzeugender Business-Modelle.
Sehen Sie Gold-besicherte Krypto-Token in naher Zukunft als Wertaufbewahrungs- oder als Zahlungsmittel?
Ich glaube da noch immer an das Greshamsche Gesetz. Das heisst, man möchte das schlechte Geld ausgeben und das gute Geld horten. Insofern denke ich nicht, dass hier die Zahlungsmittelfunktion übergeordnet ist.
Gold dient vor allem dazu, bereits vorhandene Kaufkraft abzusichern. Gold ist nicht dazu da, schnell reich zu werden. Umgekehrt verarmt man mit Gold auch nicht rasch. Gold ist ein defensives und konservatives Asset, es macht seinen Job gut und konserviert die Kaufkraft.
Bitcoin oder Gold – welche Anlageklasse ist langfristig vielversprechender?
Unser ‹Digital & Physical Gold Fund› investiert strategisch zu 75 Prozent in Gold und zu 25 Prozent in Bitcoin mittels physischen Investments, Futures und Optionen. Diesen Ansatz halte ich für einen sinnvollen Zugang. Wenn sich der Bitcoin weiterhin durchsetzt, werden die Preise in den nächsten Jahren wahrscheinlich um ein Vielfaches höher stehen.
Falls er in der Versenkung verschwindet, dann habe ich immer noch 75 Prozent physisches Gold. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich der Bitcoin durchsetzt, steigt indes mit jedem Tag.
Ronald-Peter Stöferle ist Managing Partner des Liechtensteiner Fondshauses und Vermögensverwalters Incrementum und zuständig für Research und Portfolio Management. Er studierte Betriebswirtschaftslehre und Finance in den USA und an der Wirtschaftsuniversität Wien. Zusammen mit Mark J. Valek, einem der Partner bei Incrementum, publiziert er im Jahrestakt den umfassenden «In Gold we Trust Report». Zudem ist er Verwaltungsrat beim kanadischen Explorationsunternehmen Tudor Gold und Berater für den Zürcher Edelmetall-Spezialisten Matterhorn Asset Management.