Eine strengere Regulierung könne Greenwashing verhindern und dazu beitragen, dass die Kundschaft die Produkte besser verstehe, sagt Nicolas Chaput in einem Interview mit finews.ch.
«Wir haben mit Frankreich, Deutschland und der Schweiz drei Heimatmärkte», erklärt Nicolas Chaput, bei Oddo BHF der Global CEO des Geschäftsbereichs Asset Management und Private Assets, im Gespräch mit finews.ch.
«Wir wollen unsere Präsenz in der Schweiz ausbauen und die Zahl der Mitarbeitenden und der hier verwalteten Vermögen steigern. Mit der Integration von Landolt & Cie haben wir jetzt auch eigene Portfoliomanager in der Schweiz. Die Kundennähe ist sehr wichtig, das hat sich auch in der Corona-Pandemie gezeigt», so Chaput weiter.
Konsolidierung bietet Chancen
Auch die laufende Konsolidierung bei den Vermögensverwaltern biete Chancen. «In Frankreich haben wir jüngst Metropole Gestion übernommen. Uns gefiel das Team, und wir mögen deren Aktivitäten im Bereich Value Investing», so Chaput weiter.
Man werde – auch in der Schweiz – weiter bei der Konsolidierung mitmachen, dabei jedoch vorsichtig agieren und sich jeweils die Unternehmen genau ansehen.
Stärkere globale Ausrichtung der Kunden
Im Asset Management habe es seit Beginn der Pandemie Veränderungen gegeben, erklärt der Oddo-BHF-Manager. Viele Kunden hätten sich wieder einer mehr globalen Ausrichtung ihrer Investitionen zugewandt, insbesondere mit Bezug auf Themeninvestments. Demgegenüber habe der regionale an Gewicht verloren. «Wir haben seit Jahresbeginn einen Netto-Neugeldzufluss von rund einer halben Milliarde Euro gesehen.»
«Zudem haben wir ein anhaltend hohes Interesse an nachhaltigen Anlagen gesehen, also an Investitionen nach ESG-Kriterien. Die meisten unserer Kunden, seien es institutionelle oder Vertriebspartner, schauen immer mehr darauf, was Asset Manager in Bezug auf ESG unternehmen», erklärt Chaput.
Langfristiges Potenzial
Beim Thema ESG sei Oddo BHF bereits seit Jahren aktiv und biete entsprechende, mit anerkannten Labels ausgezeichnete Produkte. «Wir setzen uns für nachhaltige Finanzanlagen ein, die langfristiges Performance-Potenzial bieten.»
«Die Regulierung ist dabei unser Freund», betont Chaput. «Heute ist es für die Kunden nicht leicht verständlich, was nachhaltig heisst. In der EU gibt es nun erste Bestrebungen klar zu definieren, was ESG bedeutet.
Greenwashing verhindern
Je klarer der Massstab, desto leichter ist es auch, dies den Kunden zu erklären. Ich glaube, die EU-Taxonomie wird helfen Greenwashing zu verhindern.» Damit werde es schwieriger Produkte als nachhaltiger auszuweisen, als sie es in Wirklichkeit sind.
Es brauche eine allgemeine Definition, damit man über das gleiche redet. «Man muss klar kommunizieren, worin man investiert und worin nicht. Das betrifft etwa Ausschlusskriterien wie Rüstungsgüter, Kohle, Öl, Rohstoffe aus Konfliktregionen oder der Arktis, und so weiter», erklärt Chaput.
Konzepte für Nachhaltigkeit variieren
Gleichzeitig gebe es auch je nach Land unterschiedliche Konzepte bei der Definition von dem, was nachhaltig sei. «Schauen Sie auf die Atomkraft in Frankreich. Die Technologie ist in den Augen vieler umweltfreundlicher als fossile Energieträger, zumindest als Übergangstechnologie bis zur Umstellung auf erneuerbare Energiequellen. Wir sehen Atomkraft nicht als sauber an, aber sie kann helfen, während der Transformation den CO2-Ausstoss zu senken», so der Oddo-BHF-Manager.
«Ein weiteres Beispiel für solche Unterschiede ist etwa, dass wir bei unseren ESG-Investments die Tabakindustrie ausschliessen. Aber nicht aufgrund der gesundheitlichen Schäden durch das Rauchen, sondern wegen dem hohen Wasserverbrauch im Anbau», weisst Chaput auf ein interessantes Detail hin.
Demokratisierung bei Private Equity
Der dritte Trend betrifft Private Equity und Private Assets. «Bisher waren diese Anlageklassen vor allem grossen Institutionellen Anlegern vorbehalten. Dann kamen grössere Familiy Offices und sehr vermögende Privatkunden hinzu.
Jetzt sehen wir, dass auch wohlhabende Kunden davon Gebrauch machen wollen. Das ist eine Art Demokratisierung dieser Asset-Klasse», sagt Chaput.
Die Kunden müssen die Risiken und Herausforderungen dieser Asset-Klasse verstehen, betonte der Asset-Management-Chef weiter. «Man kann diese Produkte in einem geeigneten Format gestalten und darauf achten, dass dies in Übereinstimmung mit den jeweiligen Aufsichtsbehörden geschieht.»
Schweiz als Schlüsselmarkt
Die deutsch-französischen Finanzgruppe ist 2016 durch die Übernahme der Frankfurter BHF-Bank durch die kleinere französische Oddo & Cie entstanden. Neben den beiden Heimatmärkten sieht Chaput die Schweiz als Schlüsselmarkt an.
Die Zürcher BHF-Tochter wurde bereits 1972 gegründet und mutierte dann ebenfalls 2016 zu Oddo BHF. Mit der Übernahme der Schweizer Privatbank Landolt & Cie in Genf und Lausanne Anfang 2021 hat die Gruppe die Position in der französischsprachigen Schweiz gestärkt.
Familiengeführte Kooperative
Oddo BHF könnte man im Prinzip als eine familiengeführte Kooperative bezeichnen: 25 Prozent der Anteile liegen bei den Mitarbeitenden. Die Familie Oddo hält 65 Prozent. Die übrigen 10 Prozent verteilen sich auf Natixis, Téthys, die Holding der Familie Bettencourt Meyers, sowie auf Thierry Lombard und Pierre Landolt.
Insgesamt kommt die Gruppe auf ein verwaltetes Vermögen von 125 Milliarden Euro, davon rund 65 Milliarden Euro im Asset Management. Im Ranking der weltweiten Asset Manager von Willis Tower Watson 2020 lag Oddo BHF auf Rang 216, direkt hinter der LGT Group.