Völlig unbeachtet hat Liechtenstein die Geldwäscherei-Bekämpfung auf einen fürs Fürstentum wichtigen Geschäftszweig ausgeweitet: Die Lagerung von Gold. Für Anbieter, Kunden und Banken bietet dies eine erhebliche Erleichterung.
Am 1. April dieses Jahres hat Liechtenstein mit der Erweiterung des Sorgfaltpflichtsgesetzes eine Lücke geschlossen: Die Verwahrung fremder Vermögenswerte in Tresoren und Tresorräumen. Während der Schweizer Finanzplatz dies kaum wahrgenommen hat, herrscht unter Edelmetallhändlern und Anbietern von Lagerräumen und Zollfreilagern im «Ländle» Aufbruchstimmung.
Zwar könnte die neue Sorgfaltspflicht bei der Verwahrung von Gold, Silber und weiteren Edelmetallen unter den Augen der FMA, der Liechtensteiner Bankenaufsichtsbehörde, als bürokratische Anpassung der Gesetzeslage an die geldwäscherechtlichen Standards in Europa gesehen werden.
Erstmals ein voll reguliertes Umfeld
Sie erhöht nochmals die Regulierungsdichte und bedeutet für die Anbieter von Zollfreilagern, Tresorhäusern und anderen Aufbewahrungsstätten, dass sie nun konstant auf dem Monitor der Finanzaufsicht stehen. Und sie bringt Mehraufwand mit sich, vor allem, um das laufende Monitoring sicherzustellen.
Doch die neuen Spielregeln bedeuten unterm Strich eine Chance, einerseits für die Abwickler und Verwahrer im Edelmetall-Geschäft und andererseits für die Banken. Dies umso mehr, weil nun die Schweiz und Liechtenstein zusammen ein vollreguliertes Umfeld für Anlagen in Gold und Edelmetallen bilden.
Besonders für institutionelle Anleger von Vorteil
Anbieter wie das OZL, das Offene Zollfreilager, auch als Fort Knox Liechtensteins bekannt, rechnen nun mit steigenden Umsätzen, wie Geschäftsführer Axel Paul Diegelmann (Bild) im Gespräch mit finews.ch sagt.
Er geht davon aus, dass der Bedarf an Lagerplätzen für physische Edelmetalle stark steigt. «Ein voll reguliertes Umfeld macht das Leben, insbesondere von institutionellen Anlegern leichter, da höchste Transparenz und Planungssicherheit gegeben sind», so der Gold-Fachmann.
Standortvorteil Schweiz-Liechtenstein
Diegelmann gebietet über ein schweizerisch-liechtensteinisches «Goldimperium», das sowohl den Handel als auch die Lagerung beinhaltet. Neben dem OLZ betreibt die Gruppe auch das Trisuna Lagerhaus wie auch die Rheingold Edelmetall in Triesen. Im appenzellischen Teufen ist die Edelmetallhandel Schweiz angesiedelt. Da Liechtenstein die Regulierung nun angepasst hat, entsteht im Urteil Diegelmanns ein nicht unbedeutender Standortvorteil Schweiz-Liechtenstein.
Für den Bankensektor ist die neue Regulierung ebenfalls positiv. Compliance-Prüfung und kontrollierte Abwicklung von Edelmetall-Transaktionen hörten seitens der Banken bislang dort auf, wo die Goldverwahrer ins Spiel kamen.
Gold bleibt jederzeit «bankable»
Sobald das Gold oder das Edelmetall in einem der Liechtensteinischen Tresore verschwand, waren die Assets aus dem regulierten Finanzkreislauf draussen. Nun sind Anbieter von Zollfreilagern und Tresoren mit dem Bankensektor auf der gleichen Regulierungs-Augenhöhe. Sprich: Gold bleibt innerhalb der beiden Jurisdiktionen Schweiz und Liechtenstein zu jeder Zeit «bankable», kann also jederzeit wieder in den Geldkreislauf geschleust werden.
Gerade die Schweizer Banken haben in den letzten Jahren im Gold- und Edelmetall-Handel erheblich an Marktanteilen gegenüber Edelmetall-Händlern und Online-Verkäufern eingebüsst.
Liechtenstein bei deutschen Kunden beliebt
Das hat einerseits mit dem steigenden Misstrauen gegenüber dem Finanz- und Geldsystem zu tun, aber auch damit, dass aus Compliance-Gründen die Abwicklung von Tresor- und Schliessfachbeständen zunehmend komplizierter geworden ist.
Wieviel Tausend Tonnen Gold und Silber in den Tresoren Liechtensteins liegen, ist nicht bekannt. Aber das Fürstentum hat sich in den letzten Jahren zum ernsthaften Konkurrenten solcher Zollfreilager entwickelt und ist vor allem bei deutschen Kunden äusserst beliebt.
Die Sicherheit eines liechtensteinischen «Fort Knox» ist dabei nicht einmal ausschlaggebend: Es geht schlicht darum, Gold als Wertspeicher einem möglichen Staatszugriff zu entziehen – was beispielsweise in Schweizer Banktresoren im Extremfall nicht gegeben wäre.
Wettbewerbsvorteil gegenüber nicht regulierten Einheiten
Zollfreilager sind zudem anonym – und was drinnen an Gold und anderen physischen Assets liegt, ist schlicht nicht bekannt. Schätzungen sind ungenau, gehen aber in die Hunderten von Milliarden, die weltweit in Zollfreilagern liegen.
«Wir sehen nun einen klaren Wettbewerbsvorteil gegenüber nicht regulierten Einheiten», sagt Diegelmann. Bisher habe die Verwahrung Zuwächse von bis zu 20 Prozent verzeichnet. «Die derzeitige Geldpolitik befeuert diese Entwicklung». Er rechnet mit einem anhaltenden Aufwärtstrend der Edelmetall-Preise in den kommenden Jahren, was wiederum den Handel und die nunmehr regulierte Lagerung antreiben werde.