Projekte von staatlichen Digitalwährungen geniessen bei den Zentralbanken hohe Priorität. Insbesondere in den Schwellenländern werden diese vorangetrieben – aus einem bestimmten Grund.
Ganze 86 Prozent der von der Bank für Internationalen Zahlungsverkehr (BIZ) befragten Zentralbanken sind gegenwärtig mit Studien oder konkreten Projekten für die Einführung einer digitalen Zentralbankenwährung (einer sogenannten CBDC) beschäftigt, wie die BIZ zu einer am Donnerstag publizierten Umfrage schreibt. Im Vergleich zur ersten CBDC-Umfrage 2017 entspricht dies einem Anstieg um einen Drittel. 65 Zentralbanken nahmen an der Studie teil.
Die digitalen Zentralbankwährungen sind mit anderen Worten «angekommen». Die intensive Forschung und die konkreten Projektarbeiten bedeuten aber noch lange nicht, dass die Welt schon bald auf eine Vielzahl von Digitalwährungen zugreifen kann, wie die Autoren feststellten. So sagen immerhin 60 Prozent der Zentralbanken, dass eine Einführung einer solchen Währung in der näheren und mittleren Zukunft unwahrscheinlich ist.
Zugang zu Finanzdienstleistungen
Trotzdem: Ene Bank hat schon Nägel mit Köpfen gemacht. Wie finews.ch berichtete, lancierte die Zentralbank der Bahamas den sogenannten Sand Dollar im vergangenen Jahr für seine 390'000 Einwohner. Die Beweggründe und die Grösse sowohl des Landes als auch seiner Wirtschaft zeigen aber exemplarisch, welche unterschiedlichen Entwicklungen die verschiedenen Projekte nehmen.
Wichtig für die Bahamas ist insbesondere der bessere Zugang von Bevölkerungsschichten, die bislang kaum Zugang zu Finanzdienstleistungen haben – ein Hauptziel der Modernisierungsstrategie ist die Versorgung der gesamten Population mit digitalen Zahlungssystemen, wie die Central Bank of the Bahamas betonte.
Angst vor einer Schwächung der Geldpolitik
Ein weiteres Ziel des Sand-Dollar-Projektes ist der Einbezug von Nicht-Banken ins einheimische Zahlungssystem. Zudem erhofft sich die Zentralbank, dass der Sand Dollar die Kosten des Bargeldhandlings zu eliminieren vermag.
Das heisst, dass die Institutionen der Staaten, welche eher schwache Bankensektoren haben und tendenziell mehr Menschen als arm gelten, ein spezifisches Interesse daran haben, mittels der Einführung von neuartigen digitalen Instrumenten ihre Bürger besser in den Kreislauf der Wirtschaft einzubinden.
Gleichzeitig sind gerade die Vertreter der Schwellenländer und der kleineren Staaten besonders bedacht, eine Schwächung ihrer Geldpolitik aktiv zu begegnen. Die Autoren der Studie erwähnen explizit die Gefahr für solche Staaten welche durch eine breite Nutzung einer privaten digitalen Alternative zur offiziellen Währung.
Diese sogenannte «digitale Dollarisierung» wurde auch im Zusammenhang mit den Projekten von Zentralbanken in zwar entwickelten, aber trotzdem kleinen und offenen Ländern (wie der Schweiz und Schweden) erwähnt, scheint aber gemäss Studie vor allem die Behörden in den Schwellenländern umzutreiben.
«wholesale» vs. «general purpose»
Allen haben die Motivation, sichere und effiziente Zahlungssysteme sicherzustellen. Und dies scheint den Umfrageteilnehmern durchaus unter den Nägeln zu brennen, denn innerhalb eines Jahres ist der Anteil derjenigen, welche von der konzeptionellen Phase in die nächste Phase der «proof-of-concept» übergegangen ist von 42 Prozent auf 60 Prozent gestiegen. 14 Prozent sind mit Pilotprojekten beschäftigt.
In der Umfrage wird unterschieden zwischen sogenannten «wholesale» CBDCs und «general purpose» CBDCs. Die Schwellenländer, welche am ehesten eine digitale Währung lancieren werden, sind generell an einem «wholesale» CBDC interessiert, also einer Währung für die breite Masse (siehe Sand Dollar). Ganz anders sieht es in einem Land wie der Schweiz aus, das über ein bestens funktionierendes Bankensystem verfügt. Da gehen die Arbeiten der Schweizerischen Nationalbank (SNB) in Richtung «wholesale», also einem E-Franken für den Finanzmarkt.
An der konkreten Umsetzung happert es noch
Die Motivation solcher Banken liegt einerseits in Effizienzgewinnen für den Finanzmarkt, aber auch explizit in den erwarteten Vorteilen für den grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr. Gerade die SNB hat immer wieder betont, dass sie am zweistufigen Finanzsystem mit Zentralbank und Geschäftsbanken nicht rütteln will.
Zusammengefasst zeigt die Studie der BIZ, dass mittlerweile die allermeisten Zentralbanken mit konkreten Projekten befasst sind, aber dass die konkrete Umsetzung noch dauern dürfte – auch aus legalen Erwägungen. Diejenigen, die am stärksten aufs Gaspedal drücken, scheinen in Staaten aktiv zu sein, wo die Bevölkerung mit Finanzprodukten unterversorgt ist.