Müssen sich Mitarbeitende in der Schweizer Finanzbranche schon bald obligatorisch impfen lassen? Besteht überhaupt ein Weisungsrecht dafür? Eine Umfrage von finews.ch zeigt, wie heikel das Thema ist. Ein Bank-CEO sagt schon jetzt, dass er sich impfen lassen werde.
Vontobel-CEO Zeno Staub wird sich gegen Corona impfen lassen, «wenn nach dem Schweizer Impfplan die Möglichkeit hierzu besteht», sagte er am Dienstag gegenüber finews.ch.
Die Frage von finews.ch an diverse international tätige Schweizer Banken und Versicherer lautete, ob bezüglich Corona-Impfung spezifische Empfehlungen oder Weisungen an die Mitarbeitenden ergangen seien – oder ob gar über eine Impfpflicht nachgedacht werde.
Systemkritische Abläufe
Die Gründe für solche Fragen liegen auf der Hand: Die Corona-Impfung gilt als Durchbruch, um der seit einem Jahr dauernden Pandemie Herr zu werden und die «gewohnten» Abläufe in Wirtschaft und Gesellschaft wieder zu herstellen.
Im ersten Lockdown im Frühjahr 2020 war für Banken wie für Versicherer die kritische Frage gewesen: Können sie das einwandfreie Funktionieren der systemkritischen Abläufe im Unternehmen sicherstellen? Das betraf insbesondere den Handel in den Banken sowie die IT-Bereiche. Denn gewisse Tätigkeiten lassen sich – wenn überhaupt – nur sehr eingeschränkt «remote», also aus dem Homeoffice ausführen – und es funktionierte.
Durch die Hintertüre
Banken und andere Finanzinstitutionen stellten überrascht fest, dass physische Sitzungen und Kundentreffen mittels Videokonferenzen ersetzt werden können. Aber: Der menschliche Faktor, sprich der direkte Austausch und Kontakt, bleibt bis heute für viele Abläufe und Geschäfte unerlässlich.
Die öffentliche Diskussion, ob die Teilnahme an bestimmten Aktivitäten die Vorlage eines Impfnachweises bedingt, ist entsprechend in vollem Gang. Zumal, so lauten auch Befürchtungen, könnte die faktische Impfpflicht durch die Hintertüre eingeführt werden. Immerhin besteht für Arbeitgeber das Recht, Weisungen zum Verhalten am Arbeitsplatz zu erlassen.
Impfung als Option
Bei der UBS, die mehr als 60'000 Mitarbeitende auf allen Kontinenten beschäftigt, ist die Haltung klar – selbst, wenn dies offiziell nicht kommentiert wird. Die Grossbank hält das Impfen für eine Privatsache und will sich an die Vorgaben und Abläufe der einzelnen Länder halten.
Die Zurich Insurance, der zweitgrösste Arbeitgeber auf dem Schweizer Finanzplatz, delegiert allfällige Massnahmen bezüglich Impfung auch an die Regierungsentscheidungen der einzelnen Länder. Eine Grippeimpfung bietet Zurich seit mehreren Jahren kostenlos an. Dies bei einer Corona-Impfung zu tun, sei eine Option, so die Zurich weiter. Für Überlegungen zu einer Impfpflicht sei es für eine definitive Aussage allerdings noch zu früh.
Bei der Credit Suisse heisst es, sie unterstütze grundsätzlich die Empfehlungen der Gesundheitsbehörden – auch hinsichtlich der Corona-Impfung, sobald diese für die breite Bevölkerung verfügbar sei.
Viele Kunden in der Risikogruppe
Auch der Rückversicherer Swiss Re, immerhin in 25 Ländern präsent, will keinen Sonderweg bezüglich Impfung beschreiten. Der Konzern folge den jeweiligen Richtlinien der länderspezifischen Gesundheitsbehörden.
Bei der Privatbank Julius Bär stellt sich die Frage nach notwendigen kritischen Kontakten von Beratern mit Kunden wie bei den anderen Banken auch. Schliesslich, so ist die Realität, gehört ein guter Teil der Wealth-Management-Kunden im Schweizer Private Banking altershalber der Risikogruppe an.
Rückerstattung der Kosten
Julius Bär wollte sich zum Impfthema jedoch noch nicht äussern.
Bei Vontobel will CEO Staub aber nicht einfach das «gute Beispiel sein, das voran geht». Die Bank werde vielmehr den Mitarbeitenden die Impfkosten erstatten, sofern diese nicht durch Staat oder Krankenkassen getragen würden, erklärte ein Sprecher. Aber es sei «selbstverständlich die persönliche Entscheidung eines jeden, ob man sich gegen das Corona-Virus impfen lassen möchte».