Liechtensteins Regelungen im Gesellschaftsrecht zeichneten sich durch eine ausgewogene Balance zwischen dem Willen des Stifters oder Treugebers einerseits und der Rechte der Begünstigten andererseits aus, schreibt Ivo Elkuch, Geschäftsführer der Liechtensteinischen Treuhandkammer als Replik auf einen Gastbeitrag von Bruno Capone.
Von Ivo Elkuch
Der Gastbeitrag von Bruno Capone vom 25. September zum Finanzplatz Liechtenstein, «Liechtenstein unter der Lupe», auf finews.first soll nicht unwidersprochen bleiben.
Forderungen, die Rechte des Begünstigten zulasten der Rechte des Stifters oder Treugebers auszuweiten, kommen bezeichnenderweise praktisch allein aus dem Lager derjenigen Rechtsanwälte, die Begünstigte vertreten. Herr Capone legt in seinem Beitrag nicht offen, dass er die Interessen einer Erbin der Familie Bacardi in einem gegen einen liechtensteinischen Trust gerichteten Verfahren vertritt.
Dies lässt unschwer erkennen, dass er mit seinem Beitrag Partikularinteressen verfolgt und weniger das Wohl des Finanzplatzes und seiner Kunden im Auge hat.
Die Anerkennung liechtensteinischer Produkte und Dienstleistungen und insbesondere der unmittelbare Zugang zum europäischen Markt sind für Liechtenstein von eminenter und essenzieller Bedeutung.
Konform mit internationalen Standards
Entsprechend ist die Gewährleistung der Konformität mit internationalen und europäischen Standards eine zentrale Bedingung für das Wohl des Finanzplatzes mit überragender strategischer Bedeutung. Die möglichst frühe, konforme und effektive Umsetzung gerade der AIA- und Fatca-Regulierung war deshalb immer das klare, von allen unterstützte Ziel, und ist in der Folge auch entsprechend umgesetzt worden. Liechtenstein muss sich keineswegs scheuen, genauer unter die Lupe genommen zu werden.
Wer genau hinschaut wird denn auch feststellen, dass Liechtenstein über einen Finanzplatz verfügt, der europarechtlich reguliert, stabil, spezialisiert und international vernetzt ist.
Regelmässig unter der Lupe
So ist etwa das AIA-Meldewesen sehr strikt und detailliert reguliert und wird auch entsprechend überwacht. Das gilt auch für die Klassifikation von Rechtsträgern selbst. Liechtenstein hat bei der Umsetzung eine spezifische Klassifikationsmöglichkeit als Finanzinstitut vorgesehen. Dies mit der Absicht, den internationalen Vorgaben im Hinblick auf die Effizienz noch besser entsprechen zu können.
Klar war immer, dass diese Option nur gewählt werden konnte, wenn dadurch eine korrekte AIA-Meldung gewährleistet ist. Im Sinne einer Vereinheitlichung wurde diese Regelung nun aber aufgegeben. Dies zeigt einmal mehr den hohen Stellenwert von Konformität und Effektivität der Implementierung internationaler Standards. Liechtenstein wird regelmässig unter die Lupe genommen – nicht nur von potentiellen Kunden sondern auch von internationalen Organisationen wie dem Global Forum und FATF/Moneyval. Wir stellen uns diesen Überprüfungen und dies nachgewiesenermassen mit Erfolg.
Fast 100-jährige Tradition
Wenn behauptet wird, dass durch den Austausch von Finanz- und Steuerdaten ein Wettbewerbsvorteil genommen wurde, so ist darauf hinzuweisen, dass die Transformation des Finanzplatzes schon sehr früh eingesetzt hat.
Zudem ist zu berücksichtigen, dass dies alle Finanzplätze trifft, die sich wie Liechtenstein zur Transparenz bekannt haben und das entsprechende «level playing field» einhalten. Liechtenstein hat sich frühzeitig darauf eingestellt. Trotzdem oder gerade deshalb ist der liechtensteinische Finanzplatz auch unter den neuen Regeln wettbewerbsfähig geblieben. Dies ist nicht zuletzt der nunmehr fast hundertjährigen Tradition des Finanzplatzes zu verdanken, der sich durch ein besonders hohes Mass an Stabilität, Verlässlichkeit und Rechtsicherheit im Herzen Europas auszeichnet.
Rückgang der Quantität
Die Umsetzung der Regulierungen hat zwar, wenn man die Treuhandbranche betrachtet, zu einem erheblichen Rückgang an verwalteten Gesellschaften geführt. Gleichzeitig haben sich auch – aber nicht nur – infolge der Regulierungen die Beziehungen zu den bestehenden Kunden intensiviert. Es kommen auch weiterhin neue Kunden hinzu. Kunden nämlich, die einen regulierten und transparenten Finanzplatz suchen, der Rechtssicherheit und Stabilität gewährleistet. In diesem Umfeld hat sich der Umfang der für die Kunden erbrachten Dienstleistungen wesentlich erweitert.
Der Rückgang der Quantität konnte insofern weitestgehend durch Qualität im Sinne umfassenderer Dienstleitungen wettgemacht werden. Zwar wurde, was den Treuhandsektor betrifft, das Wachstum gebremst, allerdings steht der Finanzsektor, wie nicht zuletzt die Corona-Krise gezeigt hat, auf einem soliden Fundament. Wenn die Vorteile Liechtensteins bekannter werden und es gelingt, die Akzeptanz Liechtensteins und seiner Produkte und Dienstleistungen noch weiter zu steigern, wird dies auch entsprechende Wirkungen auf das Wachstum des Treuhandsektors zeitigen.
Vermögen über Generationen erhalten
Liechtenstein hat sich seit jeher auf die Fahnen geschrieben, einer der besten Plätze für die Verwaltung von Vermögen über Generationen zu sein und geht diesen Weg auch unbeirrt weiter. Eine der wichtigen Gründe für die stabile und nachhaltige Entwicklung des Finanzplatzes ist das liberale Gesellschaftsrecht. Dieses bietet seit 1926 die rechtssichere Möglichkeit, ein Vermögen einem bestimmten Zweck zu widmen und dieses für Generationen zu erhalten.
Der Anspruch, Vermögen über Generationen zu erhalten, setzt ein entsprechend hohes Mass an Rechtssicherheit voraus. Entsprechend war der Gesetzgeber im Hinblick auf die Möglichkeiten der Anfechtung solcher Strukturen, was die Anfechtung durch spätere Begünstigte anbelangt, vergleichsweise zurückhaltend. Dies ist keine Schwäche, sondern eine Stärke des liechtensteinischen Gesellschaftsrechts. Selbstverständlich gibt es dabei ausreichende Vorkehren, um allfällige Missbräuche gar nicht erst entstehen zu lassen oder diese gegebenenfalls zu bekämpfen.
Im Rahmen des Üblichen
Der Schutz der Begünstigten hat einen hohen Stellenwert und es bestehen weitgehende Auskunftspflichten. Ist ausländisches Recht auf einen Sachverhalt anwendbar, werden dessen Schutzbestimmungen, wie dies fast überall auf der Welt und zweifelsohne im europäischen Umfeld der Fall ist, selbstverständlich berücksichtigt. Auch die Bestimmungen über das auf Gesellschaften wie Trusts anwendbare Recht, welches wiederum essenziell ist für die Frage der Gültigkeit einer Gesellschaft, korrespondiert mit ähnlichen Regelungen weltweit und hält sich damit im Rahmen des Üblichen.
Bestreben, eine über das heutige Mass hinausgehende Verbesserung der Stellung der Begünstigten zu erreichen, sind daher mit Vorsicht zu begegnen. Dies gilt gerade im Hinblick auf das dem Stifter oder Treugeber gegebene Versprechen, sein Vermögen über Generationen für die von ihm vorgesehenen Zwecke zu erhalten und zu verwenden. Der Wunsch von Begünstigten nach einer Totalausschüttung oder anderen weitgehenden Anpassungen mag nachvollziehbar sein, entspricht aber vielfach nicht dem Stifterwillen und ist in aller Regel nicht mit dem Zweck der Gesellschaft vereinbar.
Denken in Generationen
Wie bei einem Testament soll auch bei einer gesellschaftsrechtlichen Nachfolgeplanung der Wille des Vermögenserschaffers respektiert werden. Das Denken in Generationen ist eine Zielsetzung des liechtensteinischen Finanzplatzes, dem auch hier Rechnung getragen wird.
- Ivo Elkuch ist Geschäftsführer der Liechtensteinischen Treuhandkammer.