Liechtenstein entwickelt sich still und leise zum Glücksspielparadies. Der Casino-Boom erfreut im «Ländle» längst nicht alle: Finanzplatz-Vertreter bangen um ihre Reputation.
Der Finanzplatz Liechtenstein hat sich innert weniger Jahre von einer Attraktion für Steuerhinterzieher und Geldwäscher erfolgreich zum Standort für international wettbewerbsfähige und «saubere» Vermögensverwaltung gewandelt. Nun will Liechtenstein den Finanzplatz zu einem der nachhaltigsten der Welt formen, um so im internationalen Standortwettbewerb punkten zu können.
Doch in Liechtenstein boomen nicht nur sozial und ökologisch verträgliche Finanzdienstleistungen, sondern genauso das Glücksspiel.
Mehr Casinos pro Kopf als Las Vegas
Zwei Casinos sind im knapp 38'000 Einwohner zählenden Fürstentum bereits in Betrieb, für drei weitere Spielbanken sind Konzessionen beantragt worden. Zuletzt hat die Betreiberin des bereits bestehenden Casinos in Ruggell eine Bewilligung für den Bau eines weiteren in Triesen beantragt, einer Gemeinde im Liechtensteiner Oberland mit 5'100 Einwohnern.
Werden die drei Casino-Gesuche bewilligt, würde Liechtenstein zur globalen Glücksspielmetropole. Mit einer Spielbank auf 7'600 Einwohner würde das «Ländle» gemessen am Pro-Kopf-Anteil Spiel-Paradiese wie Macau, Reno und Las Vegas im US-Bundesstaat Nevada und auch Monaco in den Schatten stellen, wo vier Casinos auf 39'000 Einwohner kommen.
«Hausgemachtes Casino-Problem»
Für die Staatskasse geht die Rechnung auf: Anstatt der budgetierten 3,3 Millionen Franken Steuersubstrat für 2018 sollen es rund 12 Millionen Franken sein. Damit rechnet die Liechtensteiner Regierung nun auch für die nächsten zwei Jahre.
In den Leserbrief-Spalten der lokalen Medien ist hingegen bereits von einem «hausgemachten Casino-Problem» zu lesen, das sich täglich verschärfe. Keine Frage: In Liechtenstein sorgt man sich um die in den vergangenen Jahren sorgsam wieder aufgebaute Reputation.
Der Ruf war einst ruiniert
Vor rund zehn Jahren hatte die Affäre um einen Angestellten der Fürstenbank LGT, der gestohlene Kundendaten an den deutschen Fiskus verkauft hatte, das Ansehen des Fürstentum ruiniert. Liechtenstein wurde international gebrandmarkt als Hort für unversteuerte Millionen von den Reichen und Schönen dieser Welt.
Die Reaktion darauf war mustergültig. Liechtensteins Finanzplatz schwenkte rigoros auf eine Weissgeld-Strategie um, die vor allem die führenden Banken LGT, VP Bank und Liechtensteinische Landesbank (LLB) nicht nur verkraftet haben, sondern als Anlass für eine internationale Expansion nahmen.
Bankenverband sorgt sich
Der Liechtensteinische Bankenverband (LBV) ist das Zugpferd der Nachhaltigkeitsstrategie, welche die Weissgeld-Strategie quasi abgelöst hat. Die Sorge um die Reputation treibt auch den Geschäftsführer des Bankenverbandes Simon Tribelhorn um.
«Für uns und den Finanzplatz bleibt vor allem entscheidend, dass die in den vergangenen Jahren erworbene, hohe internationale Anerkennung in sämtlichen Compliance-Fragen keinen Schaden nimmt», sagte Tribelhorn gegenüber finews.ch. Im Verband werde die aktuelle Diskussion rund um die Spielcasinos genau verfolgt. Dabei gehe es vor allem um Spielsucht und die damit verbundenen negativen Folgen.
Gefahr der Geldwäscherei
Tatsächlich scheinen die Casinos in Liechtenstein vor allem ausländische Spieler anzuziehen. Im Dreiländereck Schweiz-Deutschland-Österreich gelegen, ist Liechtenstein günstig für Spieler, die beispielsweise in Bad Ragaz, Lindau oder Konstanz gesperrt worden sind.
Auf den Sperrlisten der zwei Liechtensteiner Casinos stehen inzwischen knapp 1'000 Namen, doch auf die Register von benachbarten Spielbanken greifen sie in Liechtenstein nicht zurück. Unter Beobachtern macht auch das Wort «Geldwäscherei» die Runde, wobei damit mehr eine mögliche Gefahr denn eine Realität beschworen wird – bislang sind keine Fälle in Liechtenstein bekannt geworden.
Mit Anrüchigkeit verbinden
Innenpolitisch sind die Casinos inzwischen ein heisses Thema. Während Wirtschaftsminister Daniel Risch keine Gefahr für die Reputation sieht, werden im Liechtensteiner Landtag immer deutlichere Worte gebraucht. Namentlich Landtagspräsident Albert Frick äusserte seine Meinung, Casinos könnten mit Anrüchigkeit in Verbindung gebracht werden.
Gegenüber Radio Liechtenstein sagte er kürzlich, für ein Land, das sich mit «Knochenarbeit» zurück auf einen als seriös angesehenen Finanzplatz gekämpft habe, könnten zu viele Casinos den Ruf schnell ruinieren.
Der freie Markt entscheidet
Zum Dammbruch punkto Glücksspiel in Liechtenstein kam es 2016, nachdem das 2009 aufgehobene Glücksspielverbot mit liberaleren Zusatzregeln ergänzt worden war. Die Bruttobesteuerung dient dabei als Magnet: Liechtenstein zieht zwischen 17,5 und 40 Prozent der Bruttospielerträge ein. In der Schweiz sind es 40 bis 80 Prozent, in Österreich 30 Prozent.
Nun entscheidet der freie Markt, über die Zahl der Casinos in Liechtenstein – während der Finanzplatz sich bemüht, unter dem strengen regulatorischen Regime nun auch internationale Nachhaltigkeitsstandards zu setzen.