Nach Jahren sinkender Renditen ist es für Institutionelle schwierig geworden, genügend Performance zu erzielen. Darum sehen sie sich zunehmend gezwungen, in komplexere Anlagen zu investieren. Kommt das gut?

Von Christina Böck, Anlageexpertin

In komplexere Anlagen wie Private Equity oder Hedgefonds zu investieren, bedeutet einen grösseren Aufwand und erfordert viel mehr Know-how und Personalressourcen. Vor diesem Hintergrund ist der Vorsatz, wonach Stiftungsräte alle Investitionen selber verstehen sollten, noch unrealistischer geworden als er es bisher schon war.

Mehr noch: In Zeiten, in denen ein immer grösserer Teil der Finanzierung der Volkswirtschaft in die privaten Märkte verschoben wird, ist das komplette Verständnis dieser Anlageklassen durch einen Stiftungsrat im Milizsystem abwegig.

Wie kompetent kann das sein?

Was das heisst, zeigt sich im Auswahlverfahren von Portfolio-Managern für eine neue Investition: Kann ein Organ einer Pensionskasse tatsächlich nach einer 45-Minuten-Präsentation auf fundierte Art und Weise einen Portfolio-Manager beurteilen? Wenn man ehrlich ist wird der Erfolg eines Portfolio-Managers in diesem Stadium nur von weichen Faktoren wie dem Präsentationsstil bestimmt. Wirklich kompetent kann dies aber kaum sein.

Damit ist klar, dass immer mehr Aufgaben bei einer Investition vom Stiftungsrat oder Anlageausschuss an echte Profis delegiert werden müssen. Daher sieht man inzwischen auch bei Schweizer Pensionskassen den Trend, interne Ressourcen aufzubauen. Schliesslich ist es sinnvoll, eine gute Kenntnis der Anlagen, auch der alternativen, im Hause zu bewahren, um in der Lage zu sein, die umsetzenden Portfolio-Manager steuern und überwachen zu können.

Grösste Expertise

Doch wie sieht der Governance-Prozess für einen Stiftungsrat aus, wenn er bestimmte Arbeiten delegiert? Auf jeden Fall behält der Stiftungsrat die Verantwortung für die Anlagephilosophie und die Nachhaltigkeitsstrategie, für die Investitionsziele, für das Risikobudgets sowie für die Überwachung, dass die Anlagevorschriften eingehalten werden. Und das Kostenbudget.

Für alle Schritte zwischen der Zielsetzung und der Messung der Zielerreichung muss gelten, dass die Entscheidungen am besten dort getroffen werden, wo sich die grösste Expertise befindet. Das bedeutet sinnvollerweise eine Delegation auf niedrigere hierarchische Ebenen. So muss der Stiftungsrat nicht mehr selber die Anlagen kontrollieren, sondern überwachen, dass höchste Qualitätsstandards bei der Umsetzung der Anlageverwaltung durch alle untergeordneten Teams sichergestellt werden.

In die gleiche Richtung

So muss der Stiftungsrat sich die Mittel geben, bei den Kernfragen die Einhaltung von Mindestbedingungen zu überwachen. Dies beginnt mit der Vereinbarkeit aller Investitionen mit den Grundüberzeugungen und dem Investitionszeithorizont. Sodann ist laufend zu kontrollieren, dass das CIO-Team wirklich die Rendite- und Risikoquellen einer Investition verstanden und dokumentiert hat und dies Wissen an die laufenden Veränderungen der Finanzmärkte anpasst.

Bei der weiteren Delegation der Investitionsumsetzung an externe Portfolio Manager muss überprüft werden, ob die Interessen aller Beteiligten wirklich in die gleiche Richtung gerichtet sind.

Klare Prozesse

Die operative Arbeit des Anlageteams sollte in klaren Prozessen definiert sein. Hier muss der Stiftungsrat überwachen, dass ein geeigneter und strukturierter Prozess mit angemessenen Ressourcen angewandt wird, um die Anlagen auszuwählen und zu kontrollieren. Zusammenfassend bedeutet also komplexes Anlageumfeld eine Konzentration der höchsten Gremien auf die strategische Führung und eine fortschreitende Professionalisierung der Umsetzung.


Christina Böck war über viele Jahre Chief Investment Officer (CIO) bei Axa Investment Managers sowie bei der Sammelstiftung Profond und hat in Deutschland, England und in Frankreich studiert, wo sie einen Master in Management an der H.E.C. in Paris erlangte.