Viele Kunden würden heute ihr Geld lieber in Miami buchen als in der Schweiz, sagt Alexander Classen. Trotzdem hat der frühere Chef von Coutts International für das Family Office Bedrock ein Büro in Zürich eröffnet.

Der Schweizer Alexander Classen (Bild oben) sorgte für einige Schlagzeilen, als er vor zwei Jahren die von der Union Bancaire Privée übernommene Bank Coutts International verliess, um in der Folge bei Bedrock anzuheuern.

Dabei handelt es sich um ein 2004 gegründetes Londoner Family Office mit Ablegern in Genf und Monaco. Unlängst eröffnete Classen in seiner Funktion als Managing Partner einen weiteren Standort in Zürich, wie finews.ch vermelden konnte.

Classens Engagement bei Bedrock lässt sich durchaus so interpretieren, dass das Unternehmen, das vor wenigen Jahren noch eine Handvoll Mitarbeiter zählte und heute mit 100 Leuten bereits gut 10 Milliarden Franken verwaltet, klar auf Wachstum setzt. Und dafür braucht Bedrock offensichtlich einen erfahrenen Manager wie Classen, der vor seiner Zeit bei Coutts für Morgan Stanley und Goldman Sachs arbeitete.

Unmittelbare Wirkung

Dass er nun kleinere Brötchen bäckt, stört den 54-jährigen Classen offenbar nicht, wie er im Gespräch mit finews.ch beteuert. «Als Bankmanager, wo man zu einem beträchtlichen Teil in Aktien des Hauses entlöhnt wird, ist es nie selbstverständlich, einen wesentlichen Einfluss auf den Geschäftsgang zu haben», sagt er. «Im Gegensatz dazu zeigt die Arbeit hier bei Bedrock unmittelbare Wirkung.»

Der Genfer, der makellos Deutsch – und auch Englisch spricht –, sitzt in den neuen Büroräumlichkeiten an der Stockerstrasse in der Zürcher City, wo mehrere Kunstwerke des französischen Künstlers JR noch darauf warten, an die Wand gehängt zu werden. Das soll schon bald der Fall sein, denn die drei Mitstreiter an Classens Seite brennen darauf, möglichst bald die ersten sehr vermögenden Familien zu empfangen.

Herr Classen, wie ging der personelle Ausbau von Bedrock seit Anfang 2017 vonstatten?

Seit Jahresbeginn haben wir fünf Kundenberater in Monaco, London, Genf und Zürich engagiert. Wir haben eine gute Pipeline, also erwarte ich, dass wir auch 2018 und darüber hinaus weiter rekrutieren werden.

«Wir haben genügend Mittel für ein ambitioniertes Wachstumsprogramm»

Zu uns stiess auch ein Verkaufsleiter für das Vier-Personen-Team im Asset Management, das von London aus operiert. Ausserdem verpflichteten wir einige Leute für unsere Backoffice-Informatik BRT.

Bei Bedrock hat das organische Wachstum Priorität. Unter welchen Umständen käme dennoch eine Akquisition in Frage?

Wir haben einige Firmen für unsere Vermögensverwaltung und das Family-Office-Geschäft geprüft. Es gibt in der Schweiz durchaus Unternehmen mit Kundendepots unter einer Milliarde Franken, die ein Kosten- oder ein Nachfolgeproblem haben und daher einen «Exit» suchen respektive für eine allfällige Übernahme offen wären.

Wie tief sind Ihre Taschen für einen solchen Deal?

Genau Zahlen geben wir nicht bekannt. Aber wir haben genügend Mittel für ein ambitioniertes Wachstumsprogramm in den nächsten Jahren. Wir werden sicherlich keine grosse Akquisition tätigen. Aber wir haben einen klaren Investitionsplan, auf dem wir aufbauen können.

Kommt für Bedrock auch eine Expansion in Frage, die über die bisherigen Standorte in Europa hinausgeht?

Grundsätzlich haben wir in unseren angestammten Märkten noch ein enormes Wachstumspotenzial. Aber wir richten sicherlich auch ein wachsames Auge auf Regionen, wo wir bislang nicht tätig waren, wie Asien.

Wie beurteilen Sie den asiatischen Markt?

Wir haben Kooperationen für die Bearbeitung des asiatischen Markts sondiert. Dabei befinden wir uns aber erst in einem frühen Stadium. Lieber investieren wir zurzeit in das existierende Niederlassungsnetz.

«Mit dem Automatischen Informationsaustausch werden wir die volle Transparenz haben»

Andere Märkte wie die USA könnten ebenfalls an Bedeutung gewinnen. Historisch gesehen hat Bedrock immer Wert auf die richtigen Leute und strategischen Partner gelegt, um nachhaltig zu expandieren.

Warum ausgerechnet die USA?

Die Vereinigten Staaten sind ein interessanter Markt, weil es dort eine aufstrebende Family-Office-Szene gibt. Auch das Gesetzesumfeld für Firmen wie die unsere präsentiert sich freundlicher, um in Übersee einen Brückenkopf zu errichten.

Ausserdem haben wir einen vergleichsweise hohen Anteil an lateinamerikanischer Klientel. Und wir hören auch, dass immer mehr Kunden ihr Vermögen lieber in den USA als in der Schweiz buchen.

Warum?

Mit dem Automatischen Informationsaustausch werden wir schon bald die volle Transparenz haben. Ein Teil der lateinamerikanischen Klientel zieht es vor, das Vermögen näher zu ihrem Wohnsitzland zu buchen, also in Miami, wo viele Lateinamerikaner auch einen zweiten Wohnsitz haben – über eine amerikanische Depotstelle.

Was haben Sie im Asset Management vor?

Wir wollen uns von der Konkurrenz abheben, indem wir mehr bieten als ein sehr gutes Standardangebot in der Vermögensverwaltung und im Investment-Management. Für Boutiquen wie die unsere ist es wichtig, in Marktnischen vorzustossen, die einen Mehrwert bieten.

Was ist so eine Nische im Asset Management?

Wir haben zusammen mit einer Firma in North Carolina einen Fonds aufgesetzt, der Gelder im Bereich sozialer Kredite anlegt. Das hat im vergangenen Jahr fast 9 Prozent Rendite eingebracht, und das bei geringer Volatilität und wenig Abhängigkeit zu anderen Investments. Bei einer grösseren Bank schlägt Ihnen ihr Kundenberater nicht so schnell ein solches Produkt vor.

Wie kommen kleinere Institute zu solchen Gelegenheiten?

Das ist schon hart, da kleinere Boutiquen oftmals im Research-Bereich nicht über dieselben Ressourcen verfügen wie die grossen Häuser.

«Zwei Drittel jener Klientel wird die Vermögensberater der Eltern feuern»

Bedrock hilft es ungemein, dass vier der fünf Partner – Ariel Arazi, Maurice Ephrati, David Joory und Alexandre Koifman – aus dem Handel oder aus dem Investment-Geschäft kommen. Sie haben bewiesen, dass sie über eine feine Nase für Marktchancen verfügen.

Bedrock ist inzwischen auch im IT-Bereich aktiv und zwar mit einer Reporting-Software. Was sind die Pläne damit?

Mit der Software BRT sind wir bis jetzt die Vermögensverwalter in Genf und London angegangen. Wenn man sich all die unabhängigen Vermögensverwalter im Raum Zürich vergegenwärtigt, dann besteht noch massives Potenzial für diese Software. Mit BRT lassen sich Finanz- und Realwerte überwachen – also nicht nur das Aktiendepot, sondern etwa auch die Yacht des Kunden.

Sie werden zum Auslagerungsspezialisten?

In den nächsten fünf Jahren möchten wir die drei Pfeiler Vermögensverwaltung, das Asset Management und BRT gleichmässig ausbauen – und zwar so, dass die Erträge in jedem Bereich jährlich im zweistelligen Prozentbereich wachsen.

Mit so viel Weitblick drängt sich noch eine Frage auf: Wie bereitet sich Bedrock auf die Millennials vor?

Zwei Drittel jener Klientel wird die Vermögensberater der Eltern feuern. Das ist eine richtiggehende Gefahr! Darauf müssen wir eine Antwort finden – und sicherstellen, dass wir auch die nächste Generation zufriedenstellend bedienen können.

Wie denn?

Inhalte sind ganz wichtig. Die nächste Generation fühlt sich fast schuldig, das viele Geld geerbt zu haben. Umso wichtiger wird das sogenannte Impact Investing werden. Oder anders gesagt: Millennials wollen mit ihrem Vermögen Gutes tun. Ausserdem analysieren wir auch deren Erwartungen an die Technologie, so dass wir unsere Plattform in diese Richtung weiterentwickeln können.