Mit Hilfe von Big Data optimiert die UBS Nacht für Nacht mehrere Hunderttausend Portfolios, und die Postfinance steht vor der Lancierung eines Angebots, das auf der Analyse von Zahlungsdaten beruht.

Das Sammeln und Interpretieren von Daten hat in der Bankbranche zwar schon eine lange Tradition. Doch mit Big Data ändert sich die Ausgangslage grundlegend. Denn erst mit der Fülle an Daten, die aufgrund der technologischen Entwicklung nun verfügbar und miteinander verknüpfbar werden, entstehen auch neue Geschäftsmodelle.

Zu «Gold» werden Daten allerdings nur, wenn eine Auswertung der Informationen stattfindet, wie sich am vergangenen Montag am jüngsten Finance Circle zeigte, einer periodischen Veranstaltung der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) in Zusammenarbeit mit dem Zürcher Bankenverband (ZBV). Anwesend waren mehrere Hundert Beschäftigte aus der Finanzbranche.

Ressource der Zukunft

Finance Circle 500

Christoph Kley, ZHAW, Andreas Kubli, UBS, Fabian Kollros, Postfinance (v.l.n.r.)

Nach Boden, Kapital und Arbeit entwickelten sich Daten immer mehr zur neuen Ressource, sagte Christoph Kley, Dozent für Banking & Finance an der ZHAW, in seinem Einführungsreferat und wies dabei auf den geradezu sprunghaften Anstieg digitaler Datenmengen in den vergangenen paar Jahren.

Belief sich die jährlich generierte digitale Datenmenge im Jahr 2012 noch auf 2'837 Exabyte, werden es im Jahr 2020 geschätzte 40'026 Exabyte sein. Vor diesem Hintergrund erhalten Technologien, aber auch neue Analysemethoden wie auch die Verwendung von künstlicher Intelligence eine ganz neue, weiter reichende Bedeutung, wie Kley betonte.

Postfinance Plattform in der Pilotphase

«Dabei wird vor allem die Verknüpfung unterschiedlicher Daten einen Mehrwert bringen», sagte der ZHAW-Dozent weiter. Und genau damit befasst sich unter anderem die Postfinance. Unter dem Markennamen «PostFinance Benefit» testet sie in einer seit rund einem Jahr laufenden Pilotphase eine Online-Plattform, die den Nutzern von E-Finance und PostFinance Card vergünstige Angebote von verschiedenen Firmen zur Verfügung stellt, wie Fabian Kollros, Leiter Marketingservices, erklärte (vgl. nachfolgendes Video).

Das Vorhaben ist insofern bedeutend, als die Postfinance einerseits über enorme Datenmengen verfügt. Basierend auf den Transaktionsdaten werden Affinitäten zu bestimmten Branchen berechnet, welche das Verteilen von passenden Angeboten an Privatkunden erlaubt. Dabei werden die Transaktionsdaten der Privatkunden nicht mit weiteren Informationen angereichert und die Auswertung erfolgt erst, wenn die Privatkunden sich für PostFinance Benefit anmelden.

Lancierung im Juni 2017 geplant

Diese Plattform, die zweifelsohne eine Novität in der Schweiz darstellt, soll voraussichtlich im kommenden Juni 2017 der Öffentlichkeit vorgestellt werden, wie Kollros gegenüber finews.ch erklärte. Die Absicht hinter dem Vorhaben liegt für die Postfinance vor allem in der Erschliessung neuer Ertragsquellen, aber auch in einer erhöhten Kundenbindung.

Im Einsatz von Big Data weit fortgeschritten ist auch die Schweizer Grossbank UBS, besonders bei ihrem Vermögensverwaltungs-Angebot UBS Advice, wo sie Nacht für Nacht rund 650'000 Portfolios nach ihrer Risikosituation überprüft und die Kundenberater am nächsten Tag auf allfällige Änderungen im Profil hinweist.

Dies sei ebenfalls eine Dienstleistung, die in der Vergangenheit ohne Big Data undenkbar gewesen wäre, wie Andreas Kubli, Leiter Multichannel & Digitization bei der UBS Schweiz, erklärte.

Elektronische Identitäten

Als weitere Domänen für den Einsatz von Big Data nannte er die Produkteoptimierung, die Buchhaltung und den Zahlungsverkehr sowie der Einsatz von «elektronischen Identitäten» (eID). Dabei wies Kubli aber auch darauf hin, dass mit jedem Ausbau solcher Dienstleistungen die Kundenängste adressiert werden müssten, zumal diese, ausser bei den jüngeren Kunden, nach wie vor ausgeprägt seien.

Als grösste Hindernisse beim Einsatz von Big Data und den damit verbundenen Tools bezeichnete der UBS-Experte vor allem die Frage, wo die entsprechenden Daten gelagert würden, was wiederum mit den Kundenerwartungen an die Sicherheit sehr viel zu tun habe.

Ausserdem räumte Kubli ein, dass es weiterhin einen kulturellen Graben zwischen den IT-Fachkräften im weitesten Sinne und den Mitarbeitern an der Kundenfront gebe.

Maître de Service gefragt

Er verglich diese Situation mit einem Restaurant, wo die Köche zwar hervorragende Mahlzeiten zubereiteten, aber die Kommunikation zum Service-Personal noch zu wünschen übrig lasse – hier dürfte dem Einsatz einer Art «Maître de Service» noch eine entscheidende Bedeutung zukommen.