Auf den Film «The Big Short» hat die Finanzbranche gespannt gewartet. Der Streifen beruht auf Michael Lewis' gleichnamigem Bestseller und hat eine eindrucksvolle Besetzung. Und sonst?
Der Trailer präsentiert sich äusserst vielversprechend: Hollywoodstars und Oscar-Preisträger wie Steve Carell, Christian Bale, Brad Pitt und Ryan Gosling spielen die Hauptrollen in der (wahren) Story über die US-Immobilienkrise von 2007/2008. Michael Lewis, der Autor von Büchern wie «Liars Poker» und «Flash Boys», lieferte mit seinem überaus lesenswerten Faktenthriller «The Big Short» die Vorlage dazu.
Adam McKay hat aus dem Stoff einen Spielfilm gemacht – ist offenbar aber daran gescheitert. Das jedenfalls insinuieren die ersten Kritiken über den Film, der diese Woche in Manhatten Premiere hatte.
An den Schauspielern liegt es nicht
Der britische «Guardian» titelte, Ryan Gosling und Brad Pitt bemühten sich, die Finanzkrise zu erklären. Der «BusinessInsider» ist sich nach der Premiere sicher: «Wall Street und die Banker werden den Film nicht mögen.» Die Kritiker sind sich überraschend einig: An «Margin Call» oder «The Wolf of Wall Street» komme dieses Werk nicht heran.
Das liege sicher nicht an den Schauspielern; sie seien hervorragend. Auch cinematografisch sei «The Big Short» auf der Höhe, und der Film sei an und für sich hochspannend.
Der Film scheitere jedoch an der Finanzkrise selber. Das heisst an den Elementen, die diese verursacht hätten und an den Mechanismen, die in Gang gesetzt wurden. Kurz: Am Finanz-Kauderwelsch, ohne das der Film schlicht nicht funktionieren würde.
Alles reingepackt
Szene für Szene würden den Zuschauern Begriffe wie «synthetische Collateral Debt Obligations» und «Credit Default Swaps» um die Ohren gehauen. Wer Lewis' Buch gelesen hat und mit der Subprime-Krise nur etwas vertraut ist, weiss: Da sind viele unverständliche Begriffe, Banker-Slang und Marktmechanik. Doch dem Autor gelingt es, die Fachausdrücke laufend zu erklären.
Lewis' Buch deckt mehrere Jahre und die ganze Komplexität der Immobilienkrise und das Engagement der Banken ab. McKay packt dies alles in einen Film.
Erklär-Monologe und -Einschübe
Um auch Nicht-Eingeweihte unter den Zuschauern abzuholen, nutzte der Regisseur McKay ein Trick: Immer wieder haben Personen im Film einen Auftritt, in dem sie den Jargon erklären. So liegt Margot Robbie, Star aus «Wolf of Wall Street», in der Badewanne und erklärt in einem Monolog, was «shorten» heisst.
Oder Star-Koch Anthony Bourdain erklärt, wie faule Hypotheken in AAA-Bonds verpackt werden, während er Fische zerhackt. Den Kritikern gefällt das nicht: Die Einschübe würden den Filmfluss bloss unterbrechen, wodurch der Streifen belehrend wirke.
Gescheitert in der guten Absicht, ein äusserst komplexes Thema hollywoodtauglich zu machen, lautet das Fazit. Doch wie eingangs erwähnt und im Trailer zu sehen: Die Schauspieler sind grossartig.