Wenn es der Bankbranche gelinge, sich mit den Fintech-Startups zu verbünden, habe Zürich gute Chancen, sich mit London, Singapur und dem Silicon Valley zu messen – so der Tenor einer kürzlichen Veranstaltung.   

Chancen und Handlungsbedarf für einen Fintech-Hub Zürich standen im Zentrum einer Podiumsdiskussion mit dem Unternehmer und FDP-Nationalrat Ruedi Noser (ICT Switzerland), Gian Reto à Porta (Swiss Finance Startups), dem Hans-Peter Portmann (Vizepräsident des Zürcher Bankenverbands) und Regine Sauter (Zürcher Handelskammer).

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(Hans-Peter Portmann, Ruedi Noser, Regine Sauter, Gian Reto à Porta, v.l.n.r.)

Die vier Podiumsteilnehmer waren sich einig, dass so rasch wie möglich Rahmenbedingungen geschaffen werden müssten, die es Zürich erlaubten, im Wettbewerb mit internationalen Standorten wie London, Singapur oder dem Silicon Valley mitzuhalten. Dies setze allerdings gemeinsame Anstrengungen von Wirtschaft und Politik voraus, um einerseits das nötige Risikokapital bereitzustellen und attraktive Kooperationsmodelle zu ermöglichen sowie andrerseits regulatorische Blockaden zu vermeiden.

Widerlegung einer These

Aktuelle Erfolgsgeschichten wie diejenige von Leonteq zeigten das grosse Geschäftspotenzial in der Finanzbranche, namentlich im Business-to-Business-Bereich, hiess es weiter.

In seiner Einführung widersprach Christian Bretscher, Geschäftsführer des Zürcher Bankenverbands (ZBV), der These, Zürich hätte bezüglich Fintech den Anschluss an andere Standorte bereits verpasst. Er verwies dabei auf die zahlreichen, bereits existierenden Schweizer Fintech-Startups und die vielfältigen Plattformen und Initiativen, die in den vergangenen Monaten entstanden seien.

Warum London im Vorteil ist

Anknüpfend an diese Einschätzung stellte sich die Frage, was Zürich denn brauche, damit aus der aufstrebenden Community ein wichtiger Fintech-Hub werde.

Gian Reto à Porta, CEO von Contovista sowie Mitgründer und Vorstandsmitglied des Branchenverbands Swiss Finance Startups, sah London gegenüber Zürich vor allem darum noch im Vorteil, weil die dortige Politik Fintech aktiv zu ihrem Thema gemacht habe und in Sachen gesetzlicher und regulatorischer Rahmenbedingungen deutlich rascher reagiere.

Entschlossener und nachhaltiger

Regine Sauter, Direktorin der Zürcher Handelskammer und Zürcher FDP-Kantonsrätin, bezeichnete Fintech als einen zentralen Entwicklungsschwerpunkt für den Wirtschaftsstandort Zürich. Aus diesem Grund agierten die Handelskammer und der Zürcher Bankenverband gemeinsam als Treiber für den Aufbau eines leistungsfähigen Netzwerks, das die wesentlichen Stakeholder integriere.

Ruedi Noser, selber ICT-Unternehmer, Präsident des Branchenverbands ICT Switzerland und FDP-Nationalrat, stellte fest, dass neue Entwicklungen in der Schweiz zwar gelegentlich eine etwas längere Anlaufzeit bräuchten, dann aber oft umso entschlossener und nachhaltiger vorangetrieben würden.

Das klar dokumentierte Interesse der Banken lasse durchaus den Schluss zu, dass das auch für die Entwicklung des Fintech-Sektors Gültigkeit habe.

Für Marktansprüche fit machen

Hans-Peter Portmann, Managing Director bei der LGT Bank (Schweiz) sowie Vizepräsident des Zürcher Bankenverbands und FDP-Nationalrat, unterstrich das Engagement des traditionellen Finanzplatzes und verwies auf verschiedene, erfolgreich angelaufene Kooperationen zwischen Banken und Startups hin. Diesen Austausch gelte es, weiter zu verstärken, sagte Portmann.

Dies mit dem Ziel, die erfolgreichen und qualitativ hochwertigen Dienstleistungen der Schweizer Finanzinstitute zu unterstützen, zu ergänzen und für neue Marktansprüche fit zu machen.

Dem Muster Basel folgen?

Nicht ohne Freude am leicht provokativen Vergleich stellte Noser in den Raum, der Finanzplatz Zürich müsse heute schaffen, was die Basler Chemie vor zwanzig Jahren mit grossem Erfolg vorgemacht habe: Mit Spinoffs und einer aktiven Förderung von Startups, die unter anderem aus eigens dafür gegründeten Fonds mit Risikokapital versorgt wurden, stellte sich die Basler Industrie dem fundamentalen Wandel durch die aufstrebende Biotechnologie.

Statt darauf zu hoffen, erfolgreiche Innovationen später – und damit horrend teuer – einkaufen zu können, müsse es das Ziel sein, bei deren Entwicklung von Beginn weg dabei zu sein, betonte Noser.

Innovation-Lab in Zürich

Sauter unterstützte diese Forderung: Über den Erfolg von Fintech-Innovationen werde am Ende der Markt entscheiden, indem die Kunden die für sie attraktivsten Dienstleistungen wählten, unabhängig davon, wer diese anbiete. Eine besondere Chance für den Standort Zürich biete deshalb eine enge Verknüpfung der Fintech-Szene mit der Universität, der ETH und den Fachhochschulen. Diese Kooperationen bildeten einen Grundpfeiler für das in Planung befindliche «FinTech Innovation Lab Zürich».

Grosse Herausforderungen lokalisierte die Gesprächsrunde auch beim Regulator. So wies Portmann auf die zentrale Bedeutung der Personenfreizügigkeit für den Forschungs- und Wissensstandort hin und unterstrich die negativen Auswirkungen regulatorischer Alleingänge und einem falsch verstandenen «Swiss Finish» in der Gesetzgebung. 

Mandat der Finma dringendst überprüfen

Noser forderte zudem eine Überprüfung des Finma-Mandats. Dieses sei heute ausschliesslich auf die Vermeidung von Risiken fokussiert und vernachlässige das Bedürfnis, Raum für Innovationen zu bieten, betonte der IT-Unternehmer, sagte der Politiker. So lasse Swissmedic im Gegengesatz dazu in ausgewählten Fällen eine erleichterte Test-Zulassung für Medikamente zu, was eine praktische Erprobung bereits vor der definitiven Zulassung erlaube.

Ähnliche Ansätze seien auch für den Finanzsektor zu prüfen. A Porta wünschte sich einen «Fintech Point of Entry bei der Finma», über den entsprechende Anliegen kanalisiert und beförderlich behandelt werden könnten.

Zürich in aussichtsreicher Position

Auf die Frage nach einem Alleinstellungs-Merkmal für einen Fintech-Hub Zürich im internationalen Wettbewerb nannte à Porta konkret das enorme Potenzial für Business-to-Business-Geschäfte in Zürich mit den hier ansässigen Banken und Versicherungen. Sauter betonte die international führende Position der Schweiz bezüglich Innovationskraft und internationaler Wettbewerbsfähigkeit sowie das Potenzial einer gezielten Vernetzung aller Stakeholder.

Noser verwies darauf, dass das Zürcher Fintech-Ökosystem mit dem Finanzdienstleister Leonteq bereits heute eine einzigartige Erfolgsgeschichte vorzuweisen habe, und Portmann zählt auch in Zukunft auf die «weltmeisterlichen» Qualitäten der hiesigen Banker und der Finanzabwicklungsplattformen.

Wenn es gelinge, diese Stärken mit innovativen neuen Lösungen weiter zu entwickeln, werde nicht nur der Fintech-Hub, sondern der ganze Finanzplatz Zürich auch in Zukunft erfolgreich im internationalen Wettbewerb bestehen können, waren sich die Podiumsteilnehmer einig.


Der Zürcher Bankenverband vertritt seit mehr als 100 Jahren die Interessen des Finanzplatzes Zürich gegenüber Behörden, Politik und Öffentlichkeit. Mit seinem Engagement für Bildung und Information trägt er dazu bei, dass Zürich auch in Zukunft ein Finanzplatz von Weltbedeutung bleibt. Mitglieder des Zürcher Bankenverbandes sind rund 50 Banken mit insgesamt 50’000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Als assoziierte Mitglieder gehören ihm auch die wichtigsten Versicherungsgesellschaften auf dem Platz Zürich an.