Am nächsten Sonntag stellen sich auch Vertreter des Zürcher Finanzplatzes zur Nationalratswahl. Mit finews.ch haben sechs von ihnen über heikle Themen gesprochen – und dabei Überraschendes bekannt.

Gut möglich, dass die Bundesparlaments-Wahlen vom kommenden Sonntag für den Schweizer Finanzplatz zum Testfall werden. Zum Test darüber nämlich, ob die Branche nach Jahren der Krise in der Lage ist, ihre Bereitschaft zum Wandel glaubhaft «nach draussen» zu tragen – und zu den Wählern.

Am Zürcher Bankenplatz, dem gewichtigsten Finnanzzentrum in der Schweiz, sind die Erwartungen diesbezüglich besonders hoch. Denn nach langer Defensive wagte es das hiesige Banking in den vergangenen Monaten erstmals wieder, sich politisch aus dem Fenster zu lehnen. Bekannte Beispiele sind etwa der «Fünf-Punkte-Plan» von UBS-Chef Sergio Ermotti sowie die politisch folgenreichere «Matter-Initiative», die das Bankgeheimnis in der Bundeverfassung verankern möchte.

Rollende Gesetzeswelle

Das neu erstarkte Selbstbewusstsein geht einher mit höchster Dringlichkeit: Vorschriften und finanzpolitische Paradigmenwechsel zuhauf rollen auf die Branche zu, von neuen nationalen Richtlinien wie dem Finanzdienstleistungsgesetz (Fidleg) bis hin zu internationalen Abkommen wie dem Automatischen Informationsaustausch (AIA). Diese werden das Tagesgeschäft des Swiss Banking auf Jahre hinaus bestimmen.

Hinzu kommen Volksentscheide wie die «Masseneinwanderungs-Initiative», welche die Rahmenbedingungen für die Finanzbranche ebenfalls wesentlich verändern. Entsprechend gross sind die Herausforderungen für jene Branchenvertreter, die den Anliegen des Finanzplatzes in «Bundesbern» eine Stimme geben wollen.

Farbe bekannt

Sechs Nationalrats-Kandidatinnen und -Kandidaten aus dem Umfeld des Zürcher Finanzplatzes haben die Gelegenheit ergriffen, sich den Fragen von finews.ch zu stellen – und bezüglich des Wandels am Finanzplatz Farbe bekannt.

Darunter finden sich in der (Zürcher) Finanzpolitik bestens bekannte Akteure wie der Bankengründer und SVP-Nationalrat Thomas Matter oder die Zürcher FDP-Kantonsrätin und Handelskammer-Direktorin Regine Sauter (Bild oben).

Zu den in Zusammenarbeit mit dem Zürcher Bankenverband (ZBV) befragten Kandidaten gehören aber auch frische Gesichter wie der Credit-Suisse-Banker Claudio Jegen oder Up!Schweiz-Parteigründer und Risikomanager Martin Hartmann.

Sie alle (siehe unten) stellten sich denselben Fragen – und gaben teils überraschende Antworten.

Keine kampflose Preisgabe

Viel Zuspruch erfuhr das Bankgeheimnis – angesichts des Datenaustauschs mit dem Ausland und der Weissgeld-Politik ein durchaus überraschender Befund. So zeigen sich die Befragten fast allesamt bereit, wenigstens das Bankgeheimnis im Inland nicht kampflos preiszugeben.

«Das Bankgeheimnis macht uns als Bankenplatz attraktiv und ist somit nicht wegzudenken. Der Schutz der finanziellen Privatsphäre in der Schweiz muss gewahrt werden», betont der Jungfreisinnige Jegen.

Allmächtige Staatskrake

Für Up!Schweiz-Kandidat Hartmann bedeutet die Aufgabe der finanziellen Privatsphäre «das Ende der Vertrauenskultur und ein weiterer Schritt hin zu einer allmächtigen Staatskrake.»

Kantonsrätin Sauter wiederum sagt klipp und klar: «Ich stehe zum Bankkundengeheimnis.»

Verzettelte Diskussion

Viel Unterstützung versprechen die Kandidaten der aufstrebenden Fintech-Branche – obwohl sich diese von der Politik alleingelassen fühlt. «Die Diskussion ist noch ziemlich verzettelt», konstatiert Banker Matter. Es liege nun in erster Linie an den Marktteilnehmern, aber durchaus auch an der Politik, rasch eine sinnvolle Richtung anzusteuern.

«Firmengründungen sollen nicht an Verordnungen scheitern – da setze ich gerne Akzente», nimmt Andri Silberschmidt, Präsident der Jungfreisinnigen des Kantons Zürich, den Ball an. Und der Zürcher Gemeinderat und Risikomanager Marc Schlieper stellt lapidar fest:«Fintech schafft Arbeitsplätze.»

Nicht unglücklich

Nicht so gerne reden die zur Finanzpolitik Berufenen hingegen über Geld – sprich über den Makel der Boni-Kultur, von dem sich die Banken auch im Jahr 2015 nicht reinzuwaschen vermögen. Erfrischend offen zeigt sich in diesem Punkt Private Banker Jegen. «Ich bin mit meinem Lohn zufrieden. Mit mehr wäre man sicher nicht unglücklich, aber es ist wie an der Börse – man sollte nicht zu gierig sein.»

Fünf Fragen an sieben Kandidaten