Vermögenseinbussen, Rentenklau, Unterdeckung sind Schlagworte in der populären Penisonskassendebatte. Der Vorsorgeexperte Peter Wirth mahnt die Politiker zu mehr Sachlichkeit.
Von Peter Wirth, Geschäftsführer Vorsorgeforum.
Seit die Politik die 2. Säule entdeckt hat, sind Pensionskassen auch ein Medienthema. Und dank der vielfach symbiotischen Beziehung zwischen Politikern und Journalisten hat das vordem eher dröge Thema «Berufliche Vorsorge» einen ungeahnten medialen Aufschwung genommen. Das ist grundsätzlich begrüssenswert, angesichts ihrer enormen sozialen, finanziellen und auch wirtschaftlichen Bedeutung. Allerdings hat das Thema auch seine Tücken. Die Materie ist anerkanntermassen komplex.
Jede Pensionkasse ist einzigartig
Eine Pensionskasse ist gleichzeitig Sparkasse, Versicherung und Anleger. Und keine zwei Kassen in unserem Lande sind sich gleich. Jede hat ihr spezielles Reglement mit zahllosen Besonderheiten. Beiträge, Leistungen, Verwaltungsstruktur und technische Parameter differieren enorm. Wer es gerne einheitlich hat wie bei der AHV, fühlt sich überfordert und ist mit Kritik rasch zur Hand. Rund 2500 Pensionskassen zählt die offizielle Pensionskassenstatistik. Dazu gehören private und öffentliche Kassen, letztere mit und ohne Staatsgarantie, Sammel- und Gemeinschaftsstiftungen, Sammelstiftungen mit und ohne Vollversicherung, autonome und halbautonome Einrichtungen, registrierte, welche das Obligatorium erfüllen und andere für weitergehende Leistungen.
Nur die AHV ist noch beliebter
Die Politik hat ihr Bestes getan, die Situation seit Einführung des Obligatoriums noch weiter zu verkomplizieren und die Berufliche Vorsorge zur Dauerbaustelle zu machen. Seit 1985 wurden gegen 400 Vorstösse eingereicht, welche mit der beruflichen Vorsorge zu tun haben. Das reicht zwar noch nicht an die populäre AHV heran (über 900 Vorstösse im gleichen Zeitraum), ist aber doch bemerkenswert. Der Rekord bezüglich BVG wurde 2002 mit 58 Vorstössen gesetzt. Anlass war der auf allen Kanälen ausgeschlachtete «Rentenklau», der sogar die «Swissfirst» und ihre Folgen mit bescheidenen neun Vorstössen weit in den Schatten stellte.
Politische Unrast heisst neue Gesetze
Die im BVG jeweils besonders aktuellen und umstrittenen Themen lassen sich am Ausmass sowie der Stossrichtung der parlamentarischen Aktivitäten leicht ablesen. Die Frage der Freizügigkeit brachte es beispielsweise auf 35 Vorstösse, die Wohneigentumsförderung mit Mitteln der 2. Säule auf 30. Auch wenn die grosse Mehrheit dieser Motionen und Postulate von der breiten Öffentlichkeit kaum beachtet werden und meist sang- und klanglos wieder verschwinden, so zeigen sie doch an, was die Parlamentarier unter der Bundeskuppel sowie Bundesrat und Verwaltung umtreibt und was über kurz oder lang zu neuen oder zumindest revidierten Gesetzen führt, dem laufenden Output des parlamentarischen Betriebs.
Rechtssicherheit tangiert
Die Komplexität des heutigen Gesetzes ist für die durchführenden Stellen ein dauernder Anlass für aufwendige Abklärungen. Gleichzeitig leidet die Rechtssicherheit. Grosse Vorsorgeeinrichtungen werden mit Prozessdrohungen überhäuft. Und nicht selten werden die Fälle bis vor Bundesgericht weitergezogen, das aber der Materie auch nicht in jedem Falle gewachsen ist. Was dann seinerseits wieder den Gesetzgeber auf den Plan ruft, damit neue Gesetze die Auslegung der bestehenden klären (man erinnere sich an den Fall der IV-Renten nach erfolgter Pensionierung). Eigentlich bemerkenswert, dass trotzdem in der Schweiz jeden Monat über 900‘000 Versicherte ihre Renten erhalten (total über 22 Mrd. Franken), ohne wenn und aber und ungeachtet aller Erdbeben an den Finanzmärkten.
Peter Wirth ist Geschäftsführer des Vorsorgeforums. Neben seiner Beratungstätigkeit für Simmen Wirth & Partner war er zwischen 1989 und 1996 Chefredaktor der «Schweizer Personalvorsorge». Zu seinen Beratungsmandaten im Kommunikationsbereich zählten u. a. diverse Investment- und Finanz-Gesellschaften.
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