Der Vorwurf steht im Raum: Britische Behörden würden in der Schweizer Fintech-Szene wildern. Der Handelskammer-Verantwortliche Matthew Peters nimmt gegenüber finews.ch erstmals Stellung und berichtet vom grossen Interesse, auf das er hierzulande stösst. Das sollte dem hiesigen Finanzplatz zu denken geben.

Die Nachricht sorgte für einiges Aufsehen hierzulande: Britische Standortförderer gehen auf Schweizer Fintech-Firmen zu, um ihnen den Markteintritt im Königreich schmackhaft zu machen – und das in aller Offenheit.

Phil Lojacono, CEO und Mitgründer des Startups Advanon, sprach gegenüber finews.ch gar von einem richtigen Lockvogel-Angebot. «Sie wollten uns davon überzeugen, dass man aus London weit besser andere Länder wie Deutschland und Österreich bedienen kann als aus der Schweiz», so der Fintech-Unternehmer.

Angesprochen worden sei er von der Handelskammer UK Trade & Investment (UKTI), die hierzulande von der britischen Botschaft in Bern aus operiert, so Lojacono weiter.

«Wir locken niemanden weg»

Matthew Peters (Bild), bei der UKTI in Bern als Head Trade and Investment für die Beratung von Firmen in der Schweiz und Liechtenstein, stand nun gegenüber finews.ch Red und Antwort zu den delikaten Enthüllungen.

«Es ist überhaupt nicht so, dass wir Schweizer Firmen aus dem Land hinaus nach Grossbritannien locken wollen», wehrt sich Peters. Vielmehr gehe es seiner Organisation darum, hiesigen Unternehmen zu helfen, die Synergien zwischen der Schweizer und der britischen Wirtschaft und letztlich dem Rest der Welt besser auszuschöpfen.

Synergien mit dem bedeutendsten Finanzplatz

Allerdings macht Peters keinen Hehl aus seinem Interesse an der aufstrebenden Schweizer Fintech-Szene. «Das Land verfügt über eine sehr solide Fintech-Basis», schwärmt der Brite. «Umso wichtiger ist es, den hiesigen Akteuren die Synergien mit Grossbritannien aufzuzeigen, dem bedeutendesten Finanzplatz Europas.»

Um diese Botschaft in die Schweizer Fintech-Szene hineinzutragen, führt die UKTI mehrmals im Jahr spezielle Events durch und sucht das direkte Gespräch mit Firmengründern. Dass dabei auch Gratisdienstleistungen versprochen werden, wie Exponenten der Szene berichten, davon will Peters jedoch nichts wissen.

Bereits in Grossbritannien Fuss gefasst

«Es entspricht nicht der Politik der britischen Regierung, mit Bargeld Firmen anzulocken», hält der Behördenvertreter fest. Allerdings verfüge UKTI über ein breites Netzwerk an Partnern, die Schweizer Fintech-Firmen bei der Niederlassung in Grossbritannien helfen könnten. «Nehmen Sie ruhig Kontakt mit uns auf und finden Sie mehr heraus», wirbt der UKTI-Mann.

Nicht wenige Schweizer Player haben offenbar genau das getan. «Schweizer Fintech-Firmen sind sehr daran interessiert, nach England oder Schottland zu expandieren», erklärt Peters. «Wir befinden uns mit einigen von ihnen im Gespräch und konnten einzelnen bereits helfen, in Grossbritannien Fuss zu fassen.»

Denkzettel für den Finanzplatz

Ob allein der Synergien wegen oder nicht – das als europäischen Fintech-Mekka bekannte Insel-Königreich bringt es offensichtlich fertig, ausländische Innovatitionstreiber ins Land zu holen. Hingegen lassen sich die Ansiedlungen fremder Fintech-Firmen in der Schweiz an einer Hand abzählen.

Das sollte dem hiesigen Finanzplatz zu denken geben.