Nach den einschneidenden Massnahmen der Schweizerischen Nationalbank zur Sicherstellung der Finanzstabilität brauche es nun auch einschneidende Massnahmen zur Sicherstellung der Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes, findet Martin Hess von der Bankiervereinigung.
Martin Hess ist Leiter Wirtschaftspolitik bei der Schweizerischen Bankiervereinigung
Vor sechs Wochen hat das Direktorium der Schweizerischen Nationalbank (SNB) entschieden, mit der Aufhebung der Euro-Untergrenze ihre Unabhängigkeit zurückzugewinnen. Die Schwächung des Schweizer Franken soll anstatt mit Devisenkäufen der SNB nun durch Negativzinsen für die Geschäftsbanken erreicht werden. Die Entscheidung der SNB mag angesichts der internationalen monetären Bedingungen nachvollziehbar sein. Einmal mehr wurde aber die Last der Wirtschaft aufgebürdet.
Auf dem Buckel der Banken
Mit Negativzinsen und Frankenstärke wiegt die Bürde für den Bankensektor doppelt schwer. Ausgerechnet in einer Zeit der regulierungsbedingten Kostensteigerungen drückt die SNB weiter auf die Profitabilitätsbremse. Ausgerechnet in einer Zeit, in der das Ziel der Finanzstabilität in den Amtstuben weit über den anderen zu thronen scheint, wird das Halten der sicheren Liquidität belastet.
Margenschwund durch Negativzinsen
Direkt von den Negativzinsen betroffen sind definitionsgemäss Banken oberhalb der Freibetragsgrenze der SNB. Deren Zinsmarge sinkt auf Grund der Wettbewerbssituation, die eine Weitergabe an Individualkunden nicht zulässt. Infolge Negativzinsen entstehen den Banken aber auch hohe Kosten auf Cash Collateral bei der SIX Group oder auf Cashbeständen im Interbankenbereich.
Der SNB-Entscheid geht über die unmittelbaren Negativzinsen hinaus und führt über alle Fristigkeiten zu einem deutlich negativeren Zinsumfeld. Infolgedessen haben sich namentlich die Kosten für Zinsabsicherungen erhöht. Dies in einem Ausmass, dass die Zinsen für Festhypotheken auf dem Niveau vor der Aufhebung der Euro-Untergrenze belassen werden mussten. Im Anlagebereich werfen erstklassige Obligationen erst bei längeren Laufzeiten positive Renditen ab.
Auswirkungen des überbewerteten Franken
Auf Grund der Symbiose zwischen Finanz- und Werkplatz spüren Banken eine Verlangsamung des Wirtschaftsgangs jeweils direkt. Das Gastgewerbe, die Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie (MEM) sowie der Detailhandel dürften am stärksten von der Frankenstärke betroffen sein. Teilweise bereits angekündigte Investitionsstopps beeinträchtigen das Firmenkundengeschäft unmittelbar.
Wie die MEM-Branche gibt es auch einige Banken mit einem Schweizer-Franken-Anteil, der bei den Kosten deutlich höher ist als bei den Erträgen. Zu Unrecht wird vergessen, dass solche Banken zur Sparte der klassischen Exportindustrie zählen. So führt vor allem im naturgemäss auslandorientierten Private Banking die Tieferbewertung der Fremdwährungen zu spürbar tieferen Assets under Management (AuM) und dadurch zu tieferen Erträgen. Diese können durch die Anpassung der Konditionsgestaltung nur bedingt aufgefangen werden.
Was nun?
Der zusätzliche Druck auf Kosten und Margen erfolgt in einer Periode, in der
- international tätige Banken bereits weit mehr Stellen im Ausland schaffen als in der Schweiz
- die Regulierungskosten noch nie erreichte Höhen erklommen haben und
- die Zunahme der grenzüberschreitend verwalteten Gelder bei den ausländischen Konkurrenten gegenüber dem Bankenplatz Schweiz ein Mehrfaches beträgt.
Es muss nun zwingend rasch gehandelt werden. Nach den einschneidenden Massnahmen zur Sicherstellung der Finanzstabilität braucht es nun endlich auch einschneidende Massnahmen zur Sicherstellung der Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Schweiz.
Diese umfassen eine administrativ schlanke, kostengünstige Umsetzung der aktuellen Regulierungsvorhaben, einen vorteilhaften steuerlichen Rahmen und die Ermöglichung der uneingeschränkten Bedienung von Kunden sowohl in den Nachbarländern als auch auf den Weltmärkten.
Brunetti umsetzen
Die Brunetti-Expertengruppe hat den Startschuss gegeben. Nun müssen die politischen Entscheidungsträger Verantwortung für die Sicherung von Arbeitsplätzen übernehmen. Die teilweise abstrusen Eingaben in jüngster Zeit zeigen, dass sich zum Schaden unseres Landes einige Politiker dieser Verantwortung verweigern.